Rede zum Whistleblower-Schutz

Plenarrede am 12.7.2013 zum Antrag der Piratenfraktion „Whistleblowing – eine Form von Zivilcourage, die unterstützt und geschützt werden muss“

Matthi Bolte (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fällt mir jetzt ein bisschen schwer, vom Paderborner Schützenfest zum Whistleblowing zurückzukommen.

(Zurufe: Oh!)

Ich versuche es aber mal. Es gibt übrigens in Bielefeld in der Sommerpause auch wunderbare Stadtfeste, zum Beispiel das Sparrenburgfest. Sie sind herzlich eingeladen, wenn Sie dorthin kommen möchten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir debattieren in dieser Woche intensiv über den Spionageskandal der NSA und alles, was damit zu tun hat. Das ist sicherlich der Hintergrund, vor dem die Piratenfraktion ihren Antrag gestellt hat.

Am Anfang dieser Enthüllungen stand der Whistleblower Edward Snowden, der in dieser Debatte mehrfach genannt worden ist. Er hat festgestellt, dass in seinem Tätigkeitsbereich Dinge geschehen, die nicht geschehen sollten: massive Eingriffe in Grundrechte auf teilweise zweifelhafter rechtlicher Grundlage.

Vor diesem Hintergrund hat Herr Snowden den Weg in die Öffentlichkeit gesucht, und zwar – Herr Herrmann hat es angesprochen – auch in Kenntnis aller Folgen, die das für ihn persönlich, für seine Lebensumstände haben kann.

Edward Snowden hat damit der Demokratie einen Dienst erwiesen. Das verdient Anerkennung. Diese Feststellung ist, auch wenn der Bundes­innen­minister das anders sehen mag, kein Ausdruck unamerikanischer

Umtriebe, sondern es ist eine demokratische Feststellung.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Meine Damen und Herren, Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sind engagierte und mutige Menschen. Sie alle und eben nicht nur die prominenten Fälle – ich finde ganz wichtig, dass man sich das in dieser Debatte immer wieder vergegenwärtigt – sind ein wichtiger Bestandteil des demokratischen Miteinanders und verdienen Respekt und Anerkennung.

In dieser Debatte ist es, glaube ich, auch wichtig, immer wieder die Gewissenskonflikte zu sehen, die sich für Whistleblowerinnen und Whistleblower ergeben, nämlich dass ihre Loyalität möglicherweise infrage gestellt wird, wenn Missstände öffentlich gemacht werden. Das ist, glaube ich, ein Gewissenskonflikt, der berücksichtigt werden muss.

Ich fand es durchaus beeindruckend, dass Edward Snowden in Interviews auch gesagt hat, er habe in seiner Tätigkeit ursprünglich eine gute Absicht erkannt. Erst nach und nach sei ihm bewusst geworden, was dort eigentlich passiere und dass das eigentlich so nicht passieren dürfe.

Von daher finde ich die Feststellung wichtig, dass Whistleblower keine Verräter sind, sondern Mut und Zivilcourage zeigen, die Nachteile in Kauf nehmen, weil sie Verantwortung für die Gemeinschaft, für die Gesellschaft übernehmen.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Meine Damen und Herren, es müssen aber nicht nur die großen Skandale sein, wie es bei der derzeitigen beispiellosen Spionageaffäre der Fall ist. Es gibt genügend andere Bereiche, die in dieser Debatte auch schon thematisiert wurden, in denen es wichtig ist, dass es Menschen gibt, die dafür sorgen, dass Missstände ans Licht kommen, in denen es gut ist, dass sie ans Licht kommen, und in denen es im gesellschaftlichen Interesse liegt, dass sie ans Licht kommen.

Und dafür braucht es tatsächlich Rahmenbedingungen. Diese Rahmenbedingungen müssen insbesondere für Vertraulichkeit und für Sicherheit der Whistleblowerinnen und Whistleblower sorgen.

Ich finde aber auch, dass wir darüber diskutieren müssen – es liegt ja ein Beratungsverfahren vor uns –, welche Möglichkeiten es bisher gibt und wie zielführend diese Möglichkeiten sind.

Herr Herrmann, Sie haben angesprochen, dass wir im Prinzip nicht bei null anfangen. Es gibt beispielsweise die von Ihnen genannte Hotline beim LKA gegen Korruption. Ich finde, es ist in der Ausschussbefassung durchaus legitim, zu fragen: Was gibt es? Wie wirkt das? Welche konkreten Möglichkeiten gibt es, das zu verbessern? Denn wir sind uns im Ziel, glaube ich, durchaus einig, dass es eines besseren Schutzes der Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber bedarf.

Es ist zu klären, wie wir das umsetzen, was man gesetzlich und was man untergesetzlich regeln sollte. Auch die Abgrenzung – ich fand den Hinweis des Kollegen Marquardt dazu durchaus wichtig –, was der Bund und was das Land machen sollte, wo das systematisch hineinpasst, ist zu klären. Sie haben in Ihrem Antrag das Korruptionsbekämpfungsgesetz angesprochen. Es ist zu überlegen, ob Verbesserungen für Whistleblowerinnen und Whistleblower dort systematisch hineinpassen. Das sind Fragen, die man in diesem Zusammenhang diskutieren kann.

Sehr wichtig finde ich – vielleicht ist das ein positives Ergebnis der Affäre, die wir im Moment erleben – das öffentliche Bewusstsein für die Relevanz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, von Whistleblowing. Denn das öffentliche Bewusstsein steigt durch solche öffentlichen Debatten, wie wir sie im Moment erleben. Es ist sicherlich ganz wichtig, dass wir dieses öffentliche Bewusstsein stärken.

In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Piratenfraktion, glaube ich, haben Sie es mit Ihrem Antrag einigen Kolleginnen und Kollegen ermöglicht, Neuland zu betreten.

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Lassen Sie uns diese Expedition im Ausschuss fortsetzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

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