Rede zu „Eikonal“

Rede im Plenum am 4.12.2014 zum Antrag der Piratenfraktion „Landtag verurteilt millionenfachen Grundrechtsbruch durch Eikonal“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Herr Moritz, Sie haben das alles hier als Panikmache abqualifiziert. Das spottet, muss ich sagen, wirklich jeder Beschreibung. Bevor Sie sich auf die Kollegen aus dem Untersuchungsausschuss des Bundestages beziehen, sollten Sie sich mit denen einfach einmal unterhalten. Die sind in der Bewertung dieser Affäre, die heute Gegenstand des Antrags ist, ganz anders drauf als Sie. Sie sehen auch, dass es da offensichtlich zu Grundrechtsverletzungen gekommen ist. Wenn Sie das hier einfach so abqualifizieren, ist das, finde ich, in Bezug auf den tatsächlichen Sachverhalt völlig unangemessen.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Ich bin gerne bereit, klar zu sagen, dass ich die Sorgen, die der Kollege Schwerd am Anfang seiner Rede geäußert hat, absolut nachvollziehen kann; denn auch mir macht es Sorgen, dass wir seit inzwischen eineinhalb Jahren ständig neue Enthüllungen zu lesen und zu hören bekommen. Damit wird immer wieder das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit – das ist der zentrale Kitt des demokratischen Rechtsstaats – infrage gestellt. Dieses Vertrauen hat in den letzten eineinhalb Jahren gelitten. Das muss uns tatsächlich – bei aller unterschiedlichen Bewertung von Einzelheiten, die es möglicherweise geben mag – Sorgen machen.

Es ist auch an uns, für unseren Bereich über Konsequenzen zu debattieren und darüber nachzudenken, welche Konsequenzen wir aus den Enthüllungen ziehen können, die uns in den letzten eineinhalb Jahren begegnet sind. Darüber gibt es bereits einzelne Diskussionen. Diese sollten wir – im Übrigen auch über den konkret vorliegenden Antrag hinaus – vertiefen.

Zu „Eikonal“ haben wir schon einige Punkte gehört. Dabei geht es um ein Programm des Bundesnachrichtendienstes zur um Kooperation mit der NSA. Es wurden Kommunikationsdaten deutscher Bürgerinnen und Bürger weitergeleitet – und zwar in einer Weise, dass sich der BND offensichtlich außerhalb seines gesetzlichen Auftrages bzw. seiner Kompetenzen bewegte. Weiterhin steht nach wie vor die Gefahr eines Ringtausches zwischen verschiedenen Nachrichtendiensten im Raum. Es besteht die Gefahr, dass man seine Daten immer an den Schutzklauseln vorbei tauscht. Diese Gefahr besteht. Sie ist Gegenstand des Untersuchungsauftrages des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages.

Kollege Schwerd, da haben Sie auch nicht ganz recht gehabt: Es ist nicht so, dass die deutschen Dienste überhaupt nicht in diesen PUA mit einbezogen wären. Es wurde heute Morgen über das Programm „Eikonal“ verhandelt; aber schon im November geschah das. Auch heute gab es wieder Aussagen von Zeugen, die aufgearbeitet werden müssen.

Über die letzte Sitzung des NSA-PUAs berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ unter der Überschrift „So biegt sich der BND das Recht zurecht!“. Ich glaube, es darf nicht sein, dass Normen, die eigentlich dem Grundrechtsschutz dienen sollen, so miteinander verknüpft werden, dass dadurch Grundrechte umso besser eingeschränkt werden. Da gab es tatsächlich einige Punkte, wo es sich gezeigt hat, dass genau so vorgegangen wurde – sei es bei dieser sogenannten Funktionsträgertheorie oder auch bei der Frage, welche und wie viele Daten eigentlich abgephisht werden dürfen. Dabei geht es um eine Beschränkung auf 20 % der Bandbreite. Das ist eigentlich als Schutzklausel gemeint.

Nach der BND-Auslegung wird dann plötzlich so vorgegangen, dass es dann eben nicht die konkret genutzte Bandbreite ist, sondern die maximal verfügbare, die nie ausgenutzt wird und so auch wieder zulasten von Grundrechtsträgern geht. Da haben wir einfach Probleme, die aufgearbeitet werden müssen. Es ist Pflicht des Bundesgesetzgebers, da mindestens zu Klarstellungen zu kommen. Es ist aber auch Pflicht des Bundesgesetzgebers, zu grundlegenden Korrekturen zu kommen.

Wir brauchen dafür zunächst Aufklärung. Das ist klar. Dafür gibt es den Untersuchungsausschuss. Und wir brauchen Konsequenzen auf der Bundesebene und die Debatte darüber: Was haben wir möglicherweise für die Landesebene zu lernen?

Wir haben in den letzten Monaten Diskussionen geführt, Kollege Schwerd. Bezüglich der Diskussion, die wir auch mit dem Verfassungsschutz hatten, fand ich es ganz interessant, dass es da auch eine Bereitschaft gab, darüber nachzudenken, nach vorne zu diskutieren, …

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Matthi Bolte (GRÜNE): … welche Konsequenzen gezogen werden sollten, wie Nachrichtendienste noch stärker demokratisch eingehegt werden können, wie wir unseren Weg in Richtung mehr Transparenz und Kontrolle fortsetzen. Das betrifft natürlich auch die Frage: Wie kriegen wir IT-Strukturen zukunftsfähig abgesichert? Dazu haben wir in der Vergangenheit schon an der einen oder anderen Stelle zusammengearbeitet. Und es ist für die Zukunft auch nicht ausgeschlossen, dass wir das wieder machen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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