Plenarrede zur Europäischen Datenschutzreform

Plenarrede am 21.5.2015 zum Antrag der Piratenfraktion zur EU-Datenschutzreform

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem Kollegen Kern: Ich habe mir bei Ihrem Redebeitrag die Frage gestellt, wo Sie eigentlich in den letzten drei Jahren, also seit die ersten Entwürfe für die Europäische Datenschutzgrundverordnung vorgelegt wurden, waren. Ich habe nicht viele Initiativen von Ihnen in diesem Hause wahrgenommen. Vor dem Hintergrund uns, die wir tatsächlich aktiv waren – nicht nur mit einer Initiative hier im Haus, sondern auch immer wieder mit Stellungnahmen über den Bundesrat –, vorzuwerfen, wir wären nicht aktiv genug gewesen, das fand ich in die falsche Richtung gehend.

(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Das ist ein Vorwurf vom LDI!)

Sie haben in Ihrem Redebeitrag suggeriert, der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit wäre so etwas wie eine nachgeordnete Behörde des Innenministeriums. Das ist definitiv nicht der Fall. Ich weiß das recht gut, weil wir in das Gesetzgebungsverfahren 2011 intensiv eingebunden waren, als wir den LDI in die Unabhängigkeit entlassen haben, als wir den LDI nach dem EuGH-Urteil entsprechend gestärkt haben, wie das notwendig und sinnvoll ist. Insofern ist der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit eine starke Behörde, eine wichtige Behörde, die eine wichtige Arbeit macht.

Tatsächlich ist es so, dass Datenschutz die Frage unserer Zeit ist und dass er einen starken Rechtsrahmen braucht. Die europäische Datenschutzreform kann diesen Rahmen schaffen. Das ist völlig klar. Deswegen unterstützen wir das auch. Die Kommission und das Parlament haben dazu einen guten Entwurf vorgelegt. Der ist jetzt im Trilogverfahren. Das ist bereits angesprochen worden.

Aber da – hier teile ich ausdrücklich Ihre Kritik, Herr Kollege Kern – handelt die Bundesregierung gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Sie hat die Reform sehr lange verschleppt. Sie hat immer wieder versucht, die Reform zu verwässern.

Dem stellen wir uns natürlich entgegen. Denn für uns – da unterscheiden wir uns ganz eindeutig von der CDU; das hat auch die gestrige Debatte gezeigt – sind höchste Datenschutzstandards ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil in der globalisierten Welt.

Meine Damen und Herren, weil wir das Vorhaben unterstützen, unterstützen wir auch das Instrument der Verordnung. Die Kollegin von Boeselager hat eben die beiden Begriffe „Richtlinie“ und „Verordnung“ ein bisschen vermengt. Natürlich haben wir jetzt noch keine einheitlichen Standards, weil wir keine Verordnung, sondern eine Richtlinie haben, und zwar aus dem Jahre 1995. Diese Richtlinie ist veraltet und eben nicht durchschlagskräftig. Wir haben über die letzten zwei Jahrzehnte bei den Datenschutzstandards einen Abwärtstrend erlebt. Dem wollen wir uns mit dem Instrument der Verordnung entgegenstellen.

Ich habe es bereits angesprochen: Wir haben eine Reihe von Initiativen unternommen, nicht nur im Bundesrat, sondern auch im Landtag. Leider muss ich den Kollegen Münchow in aller koalitionären Freundschaft ein wenig korrigieren: Der ursprüngliche Antrag im November 2012 ging auch schon von Rot-Grün aus. Wir haben diesen in die Anhörung im Europaausschuss gegeben. Der Kollege Kern als Vorsitzender des Europaausschusses war dabei und wird sich sicherlich erinnern. Es war eine sehr gute Anhörung, in der wir sehr viel gelernt haben.

Im Mai 2013 haben wir dann gegen die Stimmen der Piratenfraktion einen Antrag beschlossen, in dem wir eine klare Richtung vorgegeben haben: Wir wollen höchste Datenschutzstandards für ganz Europa organisieren.

Lieber Kollege Kern, Sie haben aus meiner Sicht in Ihrem Antrag einen entscheidenden Denkfehler gemacht. Sie haben nämlich gesagt: Wir wollen das Instrument Verordnung. Wir wollen die einheitlichen Standards in ganz Europa unterstützen. Aber wir finden es problematisch, dass es auch eine Vereinheitlichung in der Datenschutzaufsicht geben muss.

Aber es ist doch logisch – insofern ist in Ihrem Antrag tatsächlich ein Denkfehler –: Wenn man einheitliche Standards hat, dann müssen diese Standards auch in ganz Europa einheitlich durchgesetzt werden. Und dann weiß ich auch: Das wird in den Verfahren, die wir kennen, eine Veränderung mit sich bringen. Es wird definitiv schwierig sein, die Datenschutzkulturen aus 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ein Stück weit unter einen Hut zu bringen.

Aber wenn wir einen einheitlichen Rahmen wollen – und das eint uns doch offensichtlich –, dann müssen wir auch einen einheitlichen Aufsichtsrahmen haben. Da werden wir noch intensiv auf die Verfahren schauen müssen. Die neuen Verfahren – wir wissen ja noch nicht einmal genau, wie es am Ende aussehen wird – werden sich bewähren müssen. Und dann müssen wir auch schauen, wo wir nachsteuern müssen. Dazu sage ich ganz klar: An dieses Thema müssen wir auch ran.

Wer aber ein gemeinsames Aufsichtssystem infrage stellt, stellt auch die Reform in Gänze zur Disposition.

Insofern streiten wir als deutsche Bundesländer konsequent für ein hohes Datenschutzniveau in ganz Europa für alle Bürgerinnen und Bürger. Wir stehen zu diesem Vorhaben. Darin unterscheiden wir uns von der Bundesregierung, deren Devise noch immer „verzögern und verwässern“ lautet. Insofern gehen Ihre Vorwürfe in die falsche Richtung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion. Wir sind auf einem guten, dem richtigen Weg. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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