Plenarrede zu Breitband

Rede zum Antrag der FDP-Fraktion Landesregierung muss Breitbandförderfonds für flächendeckendes schnelles Internet in allen Kommunen auflegen“ und dem Antrag der Piratenfraktion „Ohne Glasfaser-Strategie verhindert die Landesregierung den Sprung in die Gigabit-Gesellschaft“ am 1. September 2015.

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Schick, Sie haben ja gerade unser Durchhaltevermögen von gestern ein bisschen bemängelt. Wir hätten gestern Abend durchaus auch noch länger durchgehalten, und bei den regierungstragenden Fraktionen waren auch die Fraktionsspitzen noch bis zum Ende der Plenarsitzung vertreten. Dies nur, um uns das noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Ich habe ein bisschen nachgedacht – das ist ja ein Thema, das uns tatsächlich schon länger beschäftigt –: Wie haben wir in der letzten Zeit hier in diesem Hohen Haus über Breitbandpolitik debattiert? Da hat sich doch einiges verändert.

Am Anfang hat die Opposition von uns immer Bekenntnisse gefordert, dass das Breitband wichtig ist. Das war schon immer Konsens. Sie haben das dann trotzdem beantragt. Dann haben Sie uns vorgeworfen, wir hätten unrealistische Ziele. Wohlgemerkt: Wir als Land haben uns dem Ziel der Bundesregierung angeschlossen. Sie wollten das Land schlechtreden, und Fakten stören dabei nur.

(Zuruf von der CDU: Die Geschichte wieder!)

Jetzt zeichnet sich ab, dass diese Ziele eben nicht unrealistisch sind, wenn sich alle Ebenen endlich gemeinsam dieser Aufgabe stellen, eine zukunftsfähige digitale Infrastruktur herzustellen und diese auch gemeinsam angehen wollen. Dann kommt der typische Oppositionsreflex: Dann ist nicht mehr die Erreichung der Ziele das Problem, sondern dann erklärt man einfach die Ziele für doof.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das tun wir schon seit drei Jahren!)

– Selbstverständlich, lieber Kollege Marsching, sind Glasfasernetze leistungsfähiger als Kupfer, leistungsfähiger als die Übergangstechnologien, die wir kennen. Das ist völlig klar. Diejenigen, die sich mit der Thematik im Vorfeld nicht so intensiv beschäftigt haben, wissen das spätestens seit Veröffentlichung der MICUS-Studie.

Aber zu einer Strategie für das ganze Land gehört doch auch, dass man in bestimmten Situationen die richtige Lösung finden muss. Wir können heute nicht absehen, wann genau sich ein flächendeckender Bedarf an Glasfaser eingestellt haben wird. Aber dass es ihn geben wird, da bin ich sicher.

Wir dürfen aber, meine ich, an dieser Stelle einen Fehler nicht machen: Wir dürfen nicht das Ziel, den Sprung in die Gigabitgesellschaft zu gestalten, dagegen ausspielen, dass wir auch einen Übergang brauchen. Breitbandversorgung ist schon heute eine soziale, ökonomische und demografische Überlebensfrage, gerade für Kommunen, gerade für Betriebe im ländlichen Raum.

Diese Frage stellt sich an vielen Orten. Da können wir doch nicht sagen: Habt Geduld, bis wir unsere bei Ihnen auf zehn Jahre angelegte Glasfaserstrategie umgesetzt haben und dann wird alles gut. – Nein, da muss man doch gemeinsam den Übergang gestalten, sonst verlieren wir da ganze Regionen. Diesen Fehler dürfen wir nicht machen. Wir müssen vernünftige Übergänge definieren und die Entwicklung vorantreiben. Genau das passiert gerade. Genau dafür wird gerade eine Strategie entwickelt, und das ist auch vernünftig.

Dass man in einem liberalisierten Markt natürlich beachten muss, dass die Hauptlast immer noch bei den Anbietern liegt, ist völlig klar. Wir setzen als Land kluge Impulse. Auch das haben wir Ihnen jetzt mehrfach erklärt. Wir haben Mittel aus EFRE; wir haben Mittel aus NGA RWP und aus GAK ELER. Wir haben das kommunale Investitionsfördergesetz, und – wenn der Bund endlich die Voraussetzungen dafür geschaffen hat – auch Mittel aus der Digitalen Dividende. Daraus werden wir Impulse setzen, und daraus werden wir die Entwicklungen selbstverständlich vorantreiben.

Aber klar ist auch, dass wir vernünftige Bedingungen für den Breitbandausbau brauchen. Eine nachhaltige Netzerneuerung, wie das die MICUS-Studie vorschlägt, ist eben nur dann möglich – auch das haben wir mehrfach an dieser Stelle besprochen –, wenn wir über die Kostensenkungsrichtlinie gute Bedingungen für die Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen erwirken können. Da brauchen wir endlich einen funktionstüchtigen Regulierungsrahmen.

Der Ausbau darf nicht– da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht, Kollege Marsching – aufgrund loser Versprechungen eines einzelnen Anbieters zu einer Remonopolisierung führen. Gerade da ist die Strategie des Bundes, die Strategie von Herrn Dobrindt, falsch angelegt – Stichwort: Vectoring im Nahbereich.

Nicht zuletzt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie kennen meine immer wieder wiederholte Forderung, dass es endlich auch eine angemessene Beteiligung des Bundes geben muss, und zwar außerhalb von Sondereffekten, außerhalb der bestehenden Strukturfonds. Der Bund muss sich fair und auskömmlich an der Generationenaufgabe „Breitbandausbau“ beteiligen. Ich fand es gut, Herr Kollege Bombis, dass Sie das in Ihrem Antrag auch in dieser Deutlichkeit einmal aufgegriffen haben.

Die Strategie wird am „Runden Tisch Breitband“ mitgestaltet. Dazu ist schon einiges gesagt worden. Ich glaube, wir sind insgesamt auf einem guten Weg. Ich freue mich auf die Debatte darüber, wie wir diesen Weg gemeinsam weitergehen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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