Gesetzentwurf zur Einführung der Kennzeichnungspflicht für Bereitschaftspolizist*innen und eines Pilotprojekts „Bodycams“

Wir GRÜNE haben heute gemeinsam mit der SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der eine langjährige Grüne Forderung beinhaltet: Polizeibeamt*innen der Bereitschaftspolizei werden in Zukunft auf ihren Einsatzanzügen eine individuelle Kennzeichnung tragen, um eine nachträgliche Identifikation zu erleichtern. Damit wird sowohl dem Anspruch von Bürgernähe und Transparenz Rechnung getragen als auch das Vertrauen in die Kontrolle staatlichen Handelns gestärkt.

Zudem werden wir eine gesetzliche Grundlage für ein befristetes Pilotprojekt „Bodycams“ schaffen, mit dem wir der steigenden Gewalt gegen Polizeibeamt*innen entgegenwirken wollen. Betroffene der polizeilichen Aufzeichnung sollen ihrerseits in die Aufzeichnung Einsicht nehmen können. Das Pilotprojekt soll von Beginn an auf seine Wirksamkeit wissenschaftlich untersucht werden.

Hier findet Ihr den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Dazu folgende Erläuterungen:

Die Kennzeichnungspflicht kommt

Die Einführung einer Pflicht für Polizeibeamt*innen in Bereitschaftspolizei- und Alarmeinheiten, eine anonymisierte individuelle Kennzeichnung zu tragen, ist eine langjährige Grüne Forderung. Die Kennzeichnungspflicht haben wir mit der SPD im Koalitionsvertrag 2012-2017 vereinbart und setzen sie nun gesetzlich um.

Polizeibeamt*innen in den Einheiten der Bereitschaftspolizei und den Alarmeinheiten tragen bereits heute die sogenannte taktische Kennzeichnung auf dem Einsatzanzug. Diese Kennzeichnung erfasst bislang die Informationen bis zur Zugehörigkeit der letzten Organisationsebene der Gruppe, das heißt zehn Beamtinnen und Beamten. Mit Änderung des Polizeigesetzes wird nun eingeführt, dass auf die Ziffernkombinationen ein Buchstabe folgt, der für die Individualisierung sorgt.

Mit der Kennzeichnungspflicht wird eine nachträgliche Identifikation erleichtert. Damit tragen wir dem Anspruch von Bürgernähe und Transparenz der Polizei Rechnung. Zudem stärkt die Kennzeichnungspflicht das Vertrauen in die Arbeit der Bereitschaftspolizei und in die Möglichkeit der Kontrolle staatlichen Handelns. Gerade der Einsatz von Bereitschaftspolizei- und Alarmeinheiten erfolgt in Situationen mit Konfliktpotential. Es kommt in diesen Fällen immer wieder vor, dass Bürger*innen darüber klagen, von der Polizei unrechtmäßig behandelt worden zu sein. Hinzu kommt die Erschwernis, dass einzelne Beamt*innen wegen der Schutzkleidung nicht hinreichend beschrieben oder wiedererkannt werden können.

Die Sorge von Polizeibeamt*innen vor Bedrohungen nach Bekanntwerden ihrer Identität nehmen wir sehr ernst. Deshalb und um die Persönlichkeitsrechte der einzelnen Polizeibeamt*innen zu schützen, bleibt es bei einer anonymisierten Kennzeichnung.

Uns ist damit eine Regelung gelungen, die die verschiedenen Forderungen und Standpunkte zu diesem Thema in einem ausgewogenen Maß berücksichtigt.

Pilotversuch zum Einsatz von Bodycams

Bereits seit einigen Jahren wird aufgrund der steigenden Gewalt gegen Polizeibeamt*innen über den Einsatz sogenannter Bodycams, kleiner Schulterkameras an der Polizeiuniform, als Mittel der Eigensicherung diskutiert. In einigen Bundesländern (u.a. Hessen und Rheinland-Pfalz) und bei der Bundespolizei werden bereits entsprechende Versuche durchgeführt. Aus den Erfahrungsberichten lässt sich schließen, dass der Einsatz von Bodycams eine deeskalierende Wirkung hat und Solidarisierungseffekte gegen die Beamt*innen von unbeteiligten Dritten verhindert. Mit der Änderung des Polizeigesetzes schaffen wir die Grundlage für einen eigenen Pilotversuch in Nordrhein-Westfalen.

Die Regelung im Gesetzentwurf ermöglicht die Ausstattung von Polizeibeamt*innen mit kleinen Kameras. Wir haben hierfür strenge bürgerrechtliche Leitplanken eingezogen. Vor dem Einschalten müssen Polizeibeamt*innen auf die beginnende Aufzeichnung hinweisen, zudem sollen die Kameras mit einem Display ausgestattet sein, auf welchem die aufgezeichnete Szene sofort abgebildet wird. Der offene Einsatz ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil nur so eine deeskalierende Wirkung erzielt werden kann. Ein sogenanntes Prerecording, die unbemerkte Aufzeichnung, die fortlaufend die letzten 30 Sekunden vor der eigentlichen Betätigung der Bodycam durch Polizeibeamt*innen erfasst, findet nicht statt.

Voraussetzung für das Einschalten der Kamera ist eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Polizeibeamt*innen oder einer dritten Person. Die Kameras sollen im öffentlichen Raum, aber auch in geschlossenen Räumen eingesetzt werden können. Letzteres unterscheidet die NRW-Regelung zu den Modellprojekten in den anderen Bundesländern. Da ein nicht unerheblicher Teil von Übergriffen auf Polizeibeamt*innen bei Einsätzen in Wohnungen und anderen geschlossenen Räumen erfolgt, zum Beispiel im Rahmen von Einsätzen bei häuslicher Gewalt, haben wir uns für die Möglichkeit des Einsatzes von Bodycams auch in geschlossenen Räumen entschieden.

Wir zeigen mit dem Versuch, dass es möglich ist, die Belange des Datenschutzes und der Einsatztransparenz mit den Anforderungen an polizeiliche Eigensicherung zusammenzubringen. Die Aufzeichnungen erfolgen verschlüsselt und die gespeicherten Daten werden gegen den unbefugten Zugriff durch Dritte geschützt. Nach einem Einsatz von Bodycams werden die Aufzeichnungen durch die aufzeichnenden Polizeibeamt*innen zusammen mit der/dem Vorgesetzten kontrolliert. Findet sich hierbei Material, das Anlass zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gibt, werden die Daten zu diesem Zwecke gespeichert. Andernfalls werden sie nach dem Ablauf von zwei Wochen wieder gelöscht. Binnen dieser Zeit haben Personen, die durch Bodycams aufgezeichnet wurden, die Möglichkeit, sich ihrerseits das Videomaterial anzusehen. Die Vorhaltedauer von zwei Wochen ist angemessen. Sie berücksichtigt einerseits, dass je nach Größe einer Behörde mehrere Tage verstreichen können, bis die Videoaufzeichnungen dienstlich geprüft wurden, und andererseits, dass auch die Betroffenen Zeit brauchen, um sich über ihr Agieren nach der teilweise auch belastenden Konfliktsituation klar zu werden. Im Bund-Länder-Vergleich liegen die Löschfristen zwischen unverzüglicher Löschung und Speicherung für zwei Monate.

Der Versuch soll in fünf Modellbehörden durchgeführt werden und bis zum 31. Dezember 2019 befristet sein. Der Einsatz erfolgt im Zuständigkeitsbereich von Kreispolizeibehörden unterschiedlicher Größe, unterschiedlicher Organisationsstrukturen (Polizeipräsidien / Landräte) und unterschiedlicher geografischer Lage (Stadt / ländlicher Raum). Eine unabhängige Evaluation ist gesetzlich vorgeschrieben. Diese wird bis zum 30. Juni 2019 von einer/einem sozialwissenschaftlichen und von einer/einem polizeiwissenschaftlichen Sachverständigen durchgeführt. Dabei sollen sowohl die Auswirkungen des Einsatzes von Bodycams auf das Verhältnis zwischen Polizei und Bürger*innen als auch die Wirksamkeit in Hinblick auf die Eigensicherung von Polizeibeamt*innen untersucht werden.

Weitere Beratungen zu dem Gesetzentwurf

Wir haben den Gesetzentwurf zu weiteren Beratung in den Innenausschuss verwiesen. Dort wird er erstmalig in der Innenausschusssitzung im September beraten werden. Im Herbst, der genaue Termin wird noch festgelegt, wird es eine Anhörung mit Sachverständigen zu dem Gesetzentwurf geben. Wir wollen das Gesetz noch in diesem Jahr beschließen. Es wird nach Landtagsbeschluss und Verkündung in Kraft treten.

 

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