Wir haben unser Land verändert – und wir sind noch lange nicht fertig!

Rede beim Neujahrsempfang der Bielefelder GRÜNEN am 29.1.2017

Anrede,

Alles Gute für 2017 und Dank für 2016 – ein Jahr, in dem viel schlecht war, aber in dem wir zusammen gestanden haben!

Wir Grüne als Partei, gerade hier in OWL, stehen zusammen und sorgen dafür, dass unsere Region so eine starke Rolle in NRW hat. Und wir stehen zusammen auch vor Ort – in Bielefeld und in Paderborn, und überall, wo wir im letzten Jahr gegen Rechts auf die Straße mussten.

Anrede,

Wir wollen am 24. September bei der Bundestagswahl Schluss machen mit dem Mehltau von Frau Merkels Großer Koalition. Diese Zeit sind 12 Jahre, in denen es am gesellschaftspolitischen Fortschritt in quälender Weise fehlt.

Wo ist denn die Solidarität in Europa? Die gehört doch nicht nur in die Sonntagsreden! Die gehört nach Griechenland, die gehört zu den arbeitslosen jungen Erwachsenen nach Spanien und Italien! Und diese Solidarität muss man als Kanzlerin bitteschön auch mal diesem großkarierten Zampano aus Bayern beibiegen, der mit seinem Mautmurks das Verhältnis zu unseren Nachbarn zertrampelt.

Wo ist denn die echte Wahlfreiheit? Wo sind denn die gleichen Chancen für Frauen und Männer? Diese Kanzlerin hat die Herdprämie wider besseres Wissen als Geschenk an die CSU-Chauvis mitgetragen. Da musste erst Karlsruhe dazwischengehen!

Wo ist denn die Ehe für alle? Sie ist in Merkels Magengegend hängen geblieben, weil Frau Merkel da ein schlechtes Bauchgefühl hat.

Anrede,

da müssen wir ran. Da müssen wir rein. Und dafür brauchen wir nicht erst im September starke Grüne.

Denn die wichtigste Station auf dem Weg dahin ist unsere Wahl in NRW am 14. Mai.

Anrede,

Bei diesen Wahlen wird es hart für uns. Und es wird nicht nur hart für für unsere Partei, sondern es wird hart für die Werte, für die wir stehen. Wir Grüne und jeder einzelne von uns.

Aber gerade weil das kein Harmonie-Wahlkampf wird, brennen so viele von uns darauf, dass es jetzt endlich losgeht. Weil wir diese Welt verändern wollen. Weil wir sie in Regierungsverantwortung jeden Tag ein Stück verändert haben. Und wir sind noch lange nicht fertig!

Anrede,

Das, wofür wir stehen, steht heute unter Druck. Aber wir bleiben standhaft. Wo wir es brauchen, mit dickem Fell. In allen Fragen mit klarem Verstand. Und vor allen anderen Dingen: mit großem Herzen für unsere Vision einer offenen Gesellschaft

Und da kann uns die AfD gegenüberstehen. Da können uns die Steinbachs, die Sieveckes und die vielen namenlosen Konservativen aus der CDU gegenüberstehen. Wir sagen: Jetzt erst recht! Jetzt erst recht: Mehr Demokratie, Jetzt erst recht: Mehr Transparenz, Jetzt erst recht: Mehr Freiheit, mehr Gerechtigkeit

Wir haben so viel erreicht für unser Land. Wir haben so viel erreicht für diese Gesellschaft. Und wir werden so dringend gebraucht wie noch nie zuvor.

Anrede,

Wir werden mehr denn je gebraucht – und es ist eine unglaublich politische Zeit. Eine Zeit, in der die Menschen sich klar entscheiden, wo sie hingehören wollen.

So schlimm es ist: Der Brexit und Trump zeigen doch, dass Wählen etwas ändert. Aber dass ein alter Grüner Wirtschaftsprofessor plötzlich Präsident in Österreich ist, das zeigt doch auch, dass Wählen etwas zum Positiven ändern kann. Also lasst uns diese politische Zeit zu unserer Zeit machen, denn nur dann wird unser Land nicht bei Trump landen, sondern bei van der Bellen!

Anrede,

Mit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin ist das, was wir immer sagen: „100-prozentige Sicherheit kann es nicht geben“ traurige Realität geworden. 12 Menschen haben ihr Leben verloren. Genau wie bei den Angehörigen der Opfer, bei den Verletzten und den Betroffenen, wird dieser 19. Dezember Narben an unserer Gesellschaft hinterlassen.

Umso wichtiger ist, dass wir jetzt einen klaren Kopf behalten. Dass wir genau analysieren, wo was schiefgelaufen ist: Welche Behörde hatte welche Fehleinschätzung? Wurden alle Spielräume ausgenutzt? Wo hat das Zusammenspiel der 40 Sicherheitsbehörden in Deutschland versagt? Wo hätte ein besserer Informationsaustausch in Europa Schlimmeres verhindern können? Aber auch: Wie konnte sich Anis Amri radikalisieren, warum hat er diese Wahnsinnstat begangen?

Und dabei ist klar: Wir GRÜNE stellen alle Fragen, die gestellt werden müssen. Wir gehen nicht vor wie die Landtagsopposition, die stets breitbeinig im Innenausschuss aus allen Rohren feuert, auf der Suche nach der maximalen Skandalisierung und der dicksten Überschrift. Sondern klar und hart in der Sache. Wir fragen nach Verantwortlichkeiten, und zwar unvoreingenommen.

Die Landesregierung hat für die Vorgänge in NRW einen unabhängigen Gutachter beauftragt, alle Fragen zu klären, die sich im Fall Amri stellen. Dieses Gutachten wird im März vorliegen. Und erst dann werden wir alle Konsequenzen seriös diskutieren können.

Und obwohl das eigentlich eine Binsenweisheit ist, haben CDU und leider auch die SPD schon wieder ihre sicherheitspolitischen Wunschzettel aus der Tasche gekramt: Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung, Automatische Kennzeichenerfassung, „Intelligente“ Videoüberwachung, Ein bunter Strauß von Strafrechtsverschärfungen, Präventive Abfrage von Kontodaten, Präventive Telekommunikationsüberwachung, Und das geht noch lange so weiter

Aber liebe Freundinnen und Freunde, Sicherheit gibt’s nicht beim Weihnachtsmann.

Und erst recht gibt es Sicherheit nicht ohne Freiheit. Auch da machen wir den Unterschied, auch darüber wird am 14. Mai entschieden, denn die Sicherheitspolitik wird bei uns im Land gemacht.

Anrede,

Gerade weil damit immer wieder fahrlässig umgegangen wird: Sicherheits- und Flüchtlingspolitik darf man nicht vermischen. Der GRÜNE Landesvorstand hat an dieser Stelle eine klare Haltung beschlossen: Afghanistan ist nicht sicher!

Und weil Afghanistan nicht sicher ist, ist es unabdingbar, dass die Bundesregierung endlich ihre Bewertung der Sicherheitslage ändert. Denn bis dahin sind die Spielräume der Länder, um Abschiebungen von vollziehbar ausreisepflichtigen Flüchtlingen zu verhindern.

Wir waren uns immer einig, dass wir Frau Merkel in der Frage der Grenzöffnung unterstützen – gerade gegen die Angriffe von Rechts. Aber gerade deshalb brauchen wir den Paradigmenwechsel in Berlin: Anstelle von de Maizieres Selbstinszenierungspolitik brauchen wir endlich alle Möglichkeiten, um alle Betroffenen zu schützen.

Aber bei allen Beschränkungen unserer Möglichkeiten sage ich eines ganz deutlich: Alle Spielräume im Aufenthaltsrecht werden im Sinne der Betroffenen ausgenutzt. Das ist in Nordrhein-Westfalen geltendes Recht.

Und so klein die einzelnen Schritte auch sein mögen: Jeder einzelne Schritt, jeder einzelne Erlass ist hart erkämpft – und zwar von uns!

Anrede,

Wir erleben eine unglaublich politische Zeit. Das sind die Zeiten, in denen klar wird, wer wofür steht. Die FDP will eine Start-Up Partei sein. Bei vielen Unternehmensgründungen liegt das Geheimnis darin, ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu kopieren. Daran musste ich denken, als Christian Lindner uns vor wenigen Wochen bei der Frage der angeblich sicheren Herkunftsländer in Nordafrika – Zitat – „Lichterkettendenke“ vorwarf (Besonders schäbig, wenn man sich vergegenwärtigt, wann die großen Lichterkettenaktionen waren – nach den Anschlägen von Mölln und Solingen!) Dieses Geschäftsmodell „Zündeln am rechten Rand und in der Mitte die Hütte anstecken“, das kennen wir in NRW nur zu gut. Der Urheber dieses Geschäftsmodells heißt Jürgen W. Möllemann! Und wir werden es nicht zulassen, dass Start-Up-Lindner mit Möllemanns Schellackplatten loszieht.

Anrede,

Die CDU NRW hat einen Spitzenkandidaten, über den gestern in einem großen Portrait in der „Rheinischen Post“ bemerkt wurde, dass er seit Mitte 2015 dadurch auffalle, dass er sich in Details einarbeite. Das ist jetzt für einen Berufspolitiker nicht schlecht. Für eben diesen Kandidaten brauchte die gleiche Zeitung im Dezember sage und schreibe vier Versuche, bis er mit einem konkreten Einsparvorschlag rausrückte. Das waren dann die Studiengebühren. Jetzt wissen 763.000 Studierende und ihre Familien, woran sie bei Laschet sind. Aber die anderen wissen es nicht. Laschet galt immer als der Liberale, stand für die Großstadt-CDU. Aber er hat dafür keinen Rückhalt. Er konnte den populistischen Anti-Doppelpass-Beschluss nicht aufhalten. Er kriegt die konservativen Hardliner nicht in den Griff.

Anrede,

Wenn wir auf sieben Jahre Rot-Grün zurückblicken, dann können wir die Frage „Geht es den Menschen heute besser als 2010?“ mit einem klaren „Ja!“ beantworten. Weil es doppelt so viele Kitaplätze, mehr Studienplätze, mehr Lehrerstellen gibt. Weil die Kommunen wieder handlungsfähig sind und vor Ort mehr Demokratie möglich ist – 138 hatte Schwarz-Gelb in den Nothaushalt getrieben, 129 haben wir wieder rausgeholt. Weil wir das erste Klimaschutzgesetz geschaffen haben und 1500 Menschen im Braunkohlerevier ihre Heimat behalten. Weil es 350.000 neue Jobs in der Umweltwirtschaft gibt und wir auf dem Weg zum flächendeckenden schnellen Internet weit vorangekommen sind. Weil wir dafür kämpfen, dass jeder Mensch in jeder Lebensphase in Würde leben kann.

Und Politik wirkt nicht nur in Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, konkreten Maßnahmen und Masterplänen. Sie schlägt sich auch im gesellschaftlichen Klima nieder.

Mehr als 200.000 Geflüchtete leben heute in NRW. Sie treffen auf Neugierde, auf Unterstützung und Offenheit. Und dort wo es Schwierigkeiten gibt bei der Integration, gehen wir die Probleme direkt an, anstatt sie zu instrumentalisieren.

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transpersonen und alle, die nicht in diese Kategorien passen: sie alle finden ein Land vor, in dem man lieben darf, wen man will, wo Homo- und Transphobie keine Chance gelassen wird.

Und alle, die schon einmal gefallen sind, und diejenigen, denen bewusst ist, dass sie fallen könnten: Sie wissen, dass NRW ein Land ist, das ihnen wieder auf die Füße hilft. Wir sind stolz, dass wir ein sozial-gerechtes Land sind und wir kämpfen dafür, liebe Freundinnen und Freunde!

Anrede,

Wir haben unser Land grüner, bunter, gerechter und demokratischer gemacht. Und wir sind noch lange nicht fertig damit. Wir trommeln für unseren Zukunftsplan. Und wir trommeln für unsere Themen. Die Bienen sterben auch, wenn Donald Trump Präsident ist. Und der Meeresspiegel steigt, auch wenn Herr Gauland über seine Nachbarschaft schwadroniert

Schon diese beiden Fossile zeigen, dass wir mehr denn je die Klimawende brauchen. Der Kohleausstieg ist dafür die notwendige Bedingung. Wer am 14. Mai Grün wählt, bekommt einen Kohleausstieg, bei dem niemand ins bergfreie fällt und bei dem die Versorgung gesichert bleibt. Aber er bekommt den Ausstieg binnen zwei Jahrzehnten. Da stehen wir, dafür streiten wir.

Und zu dieser Klimawende gehört, dass wir auch in einem dicht besiedelten Land wie Nordrhein-Westfalen Natur Natur sein kann. Deshalb: Klares Ja zum zweiten Nationalpark unseres Landes, und der gehört in die Senne!

Anrede,

wir wollen weitermachen mit der Modernisierung der Wirtschaft. Die großen Strukturen, die unser Land stark gemacht haben, sind heute die Problembären, und nicht die Wachstumsmotoren.

Dabei steht mein Herzensthema im Mittelpunkt: Der digitale Wandel. Wir machen Handwerk und Mittelstand fit für die digitalen Herausforderungen. Wir vernetzen den starken Mittelstand mit innovativen Start-Ups – in Showrooms, in Hackerspaces und in branchenübergreifenden Initiativen. Wir werden it’s OWL fortsetzen. Dafür habe ich im Landtag eine fraktionsübergreifende Initiative an den Start gebracht und alle politischen Kräfte sind dabei. Wir bauen das schnelle Internet aus: 50 Mbit bis 2018, Glasfaser bis 2025 – flächendeckend.

Anrede,

wir streiten dafür, dass NRW schlau und gerecht bleibt.

Wir haben die Zahl der Kindergartenplätze gemeinsam mit den Kommunen verdoppelt. Das war eine Titanenleistung. Die wollen wir fortsetzen, aber wir wollen auch in die Qualität investieren und das hat für uns Priorität gegenüber der Beitragsfreiheit.

Wir haben diese ganzen Relikte aus den 60ern abgeschafft, ob es Studiengebühren oder Kopfnoten waren. Wir haben gerade ein Schulsanierungsprogramm von Zwei Milliarden Euro aufgelegt, das hilft hoffentlich auch noch gegen ein paar Relikte aus dieser Zeit, aber eher die architektonischen.

Unsere Spitzenkadidatin Sylvia Löhrmann ist im Bildungsbereich die großen Fragen angegangen: Inklusion wird an den Schulen in unserem Land endlich als das behandelt wird, was sie ist: Ein Menschenrecht, das für alle gilt – in der Schule und in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wir haben 220 zusätzliche Schulen des längeren gemeinsamen Lernens an den Start gebracht. Das ist ein historischer Erfolg. Und ich bin mir sicher, dass wir die nächste große Strukturdebatte der genauso gut lösen werden: G8 vs. G9 war gestern. Unser Konzept ist die individuelle Lernzeit. Denn jedes Kind ist anders und jedes Kind hat es verdient, dass die Schule zum Kind passt und eben nicht das Kind zur Schule.

Anrede,

Wenn es stürmt, gehen einige in die Hafenkneipe und trinken heißen Kakao. Wir nicht. Wenn es stürmt, kalt ist und regnet, dann gehen wir raus und setzen die Segel. Und auch wenn es manchmal so scheint: Der Wind bläst nicht nur gegen uns.

Denn diese Welt gehört nicht Donald Trump, Marine LePen und Frauke Petry. Sie gehört den Zehntausenden, die allem Hass zum Trotz bis heute den Geflüchteten in unserem Land helfen. Sie gehört auch denen, die einen Alexander van der Bellen zum Präsidenten machen. Sie gehört denen, die mit uns daran glauben, dass man Hass nicht mit Hass bekämpfen kann. Dass man auf Furcht nicht mit leeren Versprechungen und Ressentiments reagieren darf.

Es sind diese Menschen, denen diese Welt gehören muss, und die in dieser Gesellschaft noch immer die Mehrheit stellen – so leise sie auch sein mögen. Ihnen wollen wir in diesem Jahr eine Stimme geben. Und die Wahlen in diesem Jahr werden darüber entscheiden, ob das so bleibt und da brauchen wir jeden, der wohlmeinend ist, an unserer Seite!

Denn es gibt sie nicht, die grüne Hegemonie. Wir haben einen Wertewandel umgesetzt, für den die Gesellschaft schon längst reif war. Und den jetzt eine Minderheit wieder rückgängig machen will

Was auf dem Spiel steht, ist eine Gesellschaft, in der man lieben kann, wen man liebt, in der man herkommen kann, von wo man kommt – ohne sich dafür zu rechtfertigen, und in der jedes Kind dahin kommen kann, wo es hinwill – egal wieviel Geld die Eltern haben.

Und wir wollen und wir werden diese Gesellschaft verteidigen, das ist unser Auftrag für dieses Jahr.

Dafür Euch allen: Viel Freude, Ein dickes Fell, Einen klaren Kopf, Und vor allem: Ein großes Herz!

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