Golden Age für Silver Surfer?

„Nutzungsintensität und Besonderheiten im Nutzungsverhalten älterer Menschen im Netz“ – so überschrieb Dr. Axel Wehmeier, Vorsitzender des BITKOM-Arbeitskreis Ehealth seine Keynote zu Beginn der Veranstaltung am 09. März im Landtag NRW. Dass dieser Titel Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, wohl eher zugesagt hat als „Golden Age für Silver Surfer?“  wurde den vielen interessierten Gästen schon zu Beginn der anschließenden Diskussion schnell bewusst. An der Diskussion, moderiert von Arif Ünal, dem gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, nahmen neben Dr. Axel Wehmeier und Klaus Müller auch die NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Barbara Steffens und Manfred Andersson teil. Andersson ist Vertreter des Internetprojekts „Feierabend.de“.  

Zu der Veranstaltung hatte Matthi Bolte als netzpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion in NRW im Rahmen der Reihe „Soziales Netz“ eingeladen. Zahlreiche Interessierte waren der Einladung gefolgt und brachten ihre Sicht zur aktuellen, aber auch zu einer optimalen Nutzung und zum Zugang zum Internet durch ältere Menschen in eine spannende Diskussion ein. Doch vor der Diskussion standen zunächst die Begrüßung durch Matthi Bolte und die Keynote durch Dr. Axel Wehmeier.

Der Vorsitzende der BITKOM, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., begann seinen Input mit konkreten Zahlen zur Nutzung von Internet und neuen Medien vor allem von älteren Menschen. Die Zahl – besonders der weiblichen –  „Silver Surfer“, Menschen die sich im Nacherwerbsalter befinden und im Internet bewegen, ist in den letzten Jahren schneller gewachsen als in anderen Segmenten. Insgesamt nutzen aktuell bereits etwa 24% der Über-65-Jährigen das Internet. Interessant sind dabei vor allem die Erfahrung, die die „Silver Surfer“ im Internet machen: Negative Erfahrung treten hier deutlich seltener auf, als in anderen Altersgruppen, und dies obwohl ihnen das Management von Datensicherheit zwar wichtig ist, jedoch schwerer fällt als jüngeren Altersgruppen. Reisen sind das meist nachgefragte eCommerce-Angebot in der Gruppe der „Silver Surfer“. Auch Internet-Communitys werden für Senioren immer wichtiger: bereits 17% der Über-65-Jährigen sind Mitglied mindestens einer Internet-Community. Diese sozialen Netzwerke, wie Facebook, nutzen ältere Menscher derzeit aber eher von PCs aus, als von Mobiltelefonen. Nur etwa die Hälfte der Über-65-Jährigen besitzt ein Handy, das Internet auf dem Mobiltelefon nutzen grade einmal 2% von ihnen. Hier sieht Dr. Axel Wehmeier die Möglichkeit einer größer werdenden Kluft zwischen alten und jungen Menschen, denn insgesamt verlagert sich die Nutzung sozialer Netzwerke immer weiter in den Bereich des mobilen Internets.

Nach einer kurzen Pause startete dann die Diskussion mit allen TeilnehmerInnen: Manfred Andersson stellte darin unter anderem das Internetprojekt „Feierabend.com“ vor. Hierbei handelt es sich um einen Webtreff für Seniorinnen und Senioren. Andersson betonte jedoch, dass es sich nicht nur um eine Community im Internet handelt, sondern Treffen in der realen Welt, ausgehend und organisiert aus dem Internet für ihn im Mittelpunkt stehen. Hindernisse für ältere Menschen, die noch nicht online sind, sieht Andersson vor allem in der abschreckenden Wirkung der Technik der Endgeräte und der Sprache des Internets.

 Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, betonte in seinen Aussagen, dass er den Titel der Veranstaltung nicht richtig findet, da der Titel einen kausalen Zusammenhang zwischen Alter und Internetnutzung angibt. Die Zahlen zeigen diesen Zusammenhang zwar aktuell auf, jedoch hält Müller dies nur für eine Frage von Gewohnheit und für ein Problem, dass es in 20 Jahren so nicht mehr geben wird. Probleme sieht er, grade aus der Sicht eines Verbraucherschützers, aber an anderen Stellen. So sollte es seiner Meinung nach immer gleichwertige und gleich teure offline-Lösung für alle im Internet abschließbaren Geschäfte geben, solange es auch Menschen gibt, die nicht online sind. Dafür sei auch eine Regulierung gefragt und dies ist Aufgabe der Politik.

 Die NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Barbara Steffens, wies in Ihren Beiträgen darauf hin, dass in Zeiten des demographischen Wandels, in denen in den kommenden Jahren deutlich mehr Pflegepersonal gebraucht werden wird, als realistischer Weise zu Verfügung stehen wird, der technische Fortschritt auch im Bereich des Internets ein Teil der notwenigen Antwort auf die zukünftigen Herausforderungen sein kann. Die Telemedizin bietet hier ebenso Chancen wie das Internet als Kommunikationsmittel zu Ärzten, Krankenkassen, aber auch zu Pflegerinnen und Pflegern.

 Die Diskussion lebte aber auch von spannenden Statements und Rückfragen der weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer. So betonte ein älterer Teilnehmer, dass der Weg dieser Veranstaltung, auch mit älteren Menschen und nicht bloß über ältere Menschen zu reden, genau der richtige sei.

 Matthi Bolte resümierte zum Ende der Veranstaltung einige Aufgaben und Herausforderungen, die auch der Politik in dieser Thematik noch bevor stehen. Er betonte hier vor allem den weiteren Förderungsbedarf im Bereich der Medienkompetenzvermittlung  – auch, aber nicht nur an Jugendliche.

 

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