Beschluss der Bielefelder GRÜNEN: Zeit für Open Bielefeld!

Die Bielefelder GRÜNEN haben am 9. März ihre Jahreshauptversammlung absolviert und dabei auch einen Beschluss für eine kommunale Open Government Strategie für Bielefeld gefasst. In Kürze soll ein weiteres Treffen der AG Open Bielefeld stattfinden, worüber an dieser Stelle natürlich informiert wird.

Hier der Beschluss im Wortlaut:

Beschluss der JHV von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Kreisverband Bielefeld am 9. März 2013

Transparenz und Partizipation im digitalen Zeitalter – Zeit für Open Bielefeld!

 I. Die Chancen des digitalen Wandels nutzen

Der Prozess der Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft nachhaltig. Er bietet große Chancen, gerade auch für die Weiterentwicklung der Demokratie auf kommunaler Ebene. Wir GRÜNE in Bielefeld wollen diese Chancen nutzen. Es ist Zeit für ein neues Verhältnis von Politik, Verwaltung und Bevölkerung. Dies zu gestalten ist unser Anspruch an Open Government in unserer Stadt.

Open Government bzw. Offene Staatskunst ist als Leitstrategie für exekutives und legislatives Handeln zu verstehen und umfasst unterschiedliche Facetten. Open Government ist mehr als die Vereinfachung von Verwaltungsabläufen mithilfe des Internets (E-Government). Es konzentriert sich auf eine Bereitstellung offener Daten (Open Data), mehr Teilhabe an der Willensbildung in Regierung und Verwaltung sowie auf neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern. Es stellt daher eine neue und stärker beteiligungsorientierte Form des Handelns von Politik und Verwaltung dar, wobei das Internet mit seinem ganzen Informations- und Kommunikationspotenzial, insbesondere dem Potenzial der sozialen Medien, eine zentrale Rolle spielt.

Dabei wird allerdings auch berücksichtigt, dass bisher nicht alle Menschen am Internet teilhaben können. Daher soll Open Government bekannte Formen der Offline- BürgerInnenbeteiligung nicht ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. Eine Rückkopplung zwischen netzbasierter Partizipation und Offline-Formaten sollte stets gewährleistet sein.

Open Government ist für uns zugleich eine Strategie, mit der Verwaltungsprozesse durchschaubarer und kontrollierbarer werden. Durch eine frühere Einbeziehung der Betroffenen können Konflikte von vornherein vermieden werden. Gerade bei Großprojekten erwarten wir durch mehr Transparenz auch die Vermeidung von Kostenexplosionen und Fehlplanungen.

Bei den öffentlichen Stellen liegt ein großer Schatz an bisher zu wenig genutzten Daten, die vielfach nur für einen bestimmten Zweck erhoben werden und dann in der Ablage verschwinden. Das wollen wir ändern und eine sinnvolle Sekundärnutzung der durch öffentliche Stellen generierten Daten ermöglichen. Hieraus ergeben sich nicht zuletzt auch wirtschaftliche Impulse: Durch Weiterverarbeitung, Veredelung und Weiterverbreitung können aus offen bereitgestellten Daten neue Anwendungen, Produkte und Dienstleistungen, Geschäftsmodelle und Produktionsketten entstehen. Dieser Prozess kann gezielt durch Open-Data-Wettbewerbe vorangetrieben werden.

Für personenbezogene Daten, an denen kein berechtigtes öffentliches Interesse besteht, müssen selbstverständlich höchste Ansprüche an den Datenschutz gelten.

 

II. Haushaltspolitik vor Ort: Die BürgerInnen sind dran!

Die Finanzlage der Kommunen ist nach wie vor dramatisch. Für uns ergeben sich aus dieser Tatsache zweierlei Schlussfolgerungen: Einerseits werden die Kommunen die notwendige Sanierung ihrer Finanzen nicht allein stemmen können, sondern sind auf die Unterstützung von Land und Bund angewiesen. Andererseits stehen die Kommunen in der Verantwortung, diesen Prozess im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu begleiten.

Wir setzen bei unseren Konsolidierungsbemühungen auf Transparenz und Beteiligung. Wir wollen deshalb über das Internet den städtischen Haushaltsplan durchschaubarer gestalten und für die Bevölkerung nachvollziehbar machen, in welchen Bereichen Spielräume bestehen und an welchen Stellen warum gespart werden muss.

Viele Kommunen in NRW haben bereits einen Bürgerhaushalt. Wir wollen dieses Projekt mit allem Nachdruck vorantreiben. Auch wenn diese Formate ein erster Schritt sind: Bielefeld braucht mehr als grundsätzlich folgenlose Dialoge über den Haushalt, sondern endlich verbindliche Partizipation, in deren Rahmen Vorschläge der BürgerInnen durch die Verwaltung verbindlich geprüft werden müssen. Kommunale Finanzpolitik besteht in unserer Zeit vor allem in der richtigen Prioritätensetzung. Dieser Prozess wird nur gelingen, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger von jetzt an mitnehmen.

 

III. Wir GRÜNE gehen mit gutem Beispiel voran

Wir GRÜNE gehen mit gutem Beispiel voran und zeigen, dass partizipative Prozesse in unserer Stadt möglich und sinnvoll sind: Wir erarbeiten unser Programm zur Kommunalwahl in einem offenen Prozess und bieten verschiedene Wege der Beteiligung an. Wir setzen hierbei auf verschiedene Beteiligungsformen, sowohl offline wie auch im Internet.

Wir GRÜNE stellen uns im Rat und seinen Gremien der finanzpolitischen Verantwortung. Bereits jetzt startet der Prozess zur Erbringung von 10 Mio. Euro auf der Aufwandsseite zur Haushaltskonsolidierung bis 2016. Der hierfür gewählte Weg einer überparteilichen „Haushaltskonsolidierungsrunde“ ist aus unserer Sicht tragfähig, sollte allerdings auch durch ein hohes Maß an Transparenz gekennzeichnet sein.

Wir wollen – gerade weil derzeit keine politische Mehrheit für unseren Plan eines Bürgerhaushalts absehbar ist – selbst zeigen, dass Beteiligung auch beim Haushalt möglich ist. Wir werden daher im Rahmen unseres inhaltlichen Prozesses bis zur Kommunalwahl 2014 ergänzend ein Konsultationsverfahren für die Bielefelderinnen und Bielefelder durchführen, in dem wir transparent und partizipativ mit den Bürgerinnen und Bürgern Konsolidierungsspielräume abstecken und Prioritäten definierien wollen. Unser Ziel ist, auf dieser Grundlage einen „Sanierungsplan“ für die Bielefelder Stadtfinanzen zu entwickeln.

 

IV. Wir GRÜNE kämpfen für eine umfangreiche Open Government Strategie für Bielefeld

Wir GRÜNE wollen eine umfangreiche Open Government Strategie für Bielefeld:

– Wir stehen für einen Bürgerhaushalt, bei dem wir insbesondere auf das Internet setzen. Beispiel hierfür sind: „Bonn packt’s an“ oder „Essen kriegt die Kurve“

– Wir wollen die Daten des städtischen Haushalts visualisieren und hierdurch einen besseren Überblick für die Bürgerinnen und Bürger über den Haushalt gewährleisten. Beispielhaft hierfür kann die Plattform offenerhaushalt.de sein, auf der der Bundeshaushalt nachvollziehbar gestaltet wird.

– Wir wollen das Ratsinformationssystem öffnen, denn es bietet zu viele Barrieren für Bürgerinnen und Bürger, die sich über kommunalpolitische Prozesse informieren wollen. Ein Beispiel für die Öffnung von Ratsinformationssystemen ist das Projekt offenes-koeln.de, das kommunalpolitische Prozesse auf einem Stadtplan sichtbar macht und Möglichkeiten zum Dialog über Prozesse im eigenen Wohnumfeld bereithält.

– Nicht allein das Ratsinformationssystem, sondern der gesamte städtische Datenbestand sollte offen bereitgestellt werden. Grundlage sollten hierfür die Open Government Data Principles sein. Wir möchten die Entwicklung neuer Anwendungen auf der Basis öffentlicher Daten durch regelmäßige Wettbewerbe vorantreiben.

– Wir wollen eine umfangreiche Strategie für den Einsatz von Open Source Software in der Stadtverwaltung entwickeln lassen, denn Offenheit heißt für uns auch technische Offenheit. Neben diesem Aspekt erwarten wir durch den weitgehenden Einsatz freier und offener Software eine signifikante Kosteneinsparung, die wir neben der Haushaltskonsolidierung auch für die Realisierung der kommunalen Open Government Strategie nutzen wollen. Positives Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Stadt München mit dem Projekt LiMux.

– Ein konkretes Projekt für die neue Kultur der Zusammenarbeit von Verwaltung und Bevölkerung sind Mängelmelder, bei denen die Bürgerinnen und Bürger nach dem Prinzip „see- click- fix“ an die Verwaltung melden können und nach deren Beseitigung unmittelbares Feedback erhalten. Wir setzen uns dafür ein, ein solches Programm auch in Bielefeld aufzulegen. Ein gutes Beispiel ist der Mängelmelder der Stadt Münster.

– Wir möchten, dass es künftig aus Sitzungen des Rates einen Livestream wie bspw. in Wuppertal gibt. Dies ist eine Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem Aufwand für mehr Transparenz in der Kommunalpolitik zu sorgen.

– Wir wollen Initiativen unternehmen, um die Öffentlichkeit der Sitzungen der Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen zu gewährleisten. Zugleich wollen wir kommunale Spielräume prüfen, mit denen sich wirtschaftliche und politische Verflechtungen von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern über die bestehenden Regelungen des Korruptionsbekämpfungsgesetzes hinaus offenlegen lassen.

 

Diese Vorhaben können wir nicht allein stemmen. Wir wollen gemeinsam mit vielen Verbündeten die genannten Projekte vorantreiben und einen Prozess unterstützen, in dem Open Government „von unten“ in Bielefeld eine Basis erhält und wachsen kann. Die vielen positiven Beispiele wollen wir in unserer Stadt vereinen und weiterwickeln. Unser Ziel ist die Verwirklichung einer umfangreichen und ambitionierten Strategie, mit der Bielefeld eine Vorbildfunktion einnehmen kann.

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