Ein Artikel aus der BIG, Ausgabe Juni 2013
Es sieht gut aus für das Bürgerbegehren zum Freibad Gadderbaum. Das ist erfreulich, hat aber neben der großartigen Arbeit des Fördervereins auch einen weiteren Hintergrund: Die Demokratiereformen von Rot-Grün in NRW.
Bereits Ende 2011 hat der Landtag das „Gesetz zur Stärkung der Bürgerbeteiligung“ beschlossen. Darin wurden zahlreiche Regelungen verankert, durch die direktdemokratische Beteiligung auf kommunaler Ebene erleichtert wird. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sind seit vielen Jahren gelebte Praxis in den Kommunen, die Nutzung des Instruments nimmt stetig zu. Das ist gut so. Die Rot-Grünen Demokratiereformen haben für eine Reihe der Probleme, die in der Vergangenheit die Mitbestimmung noch erschwert haben, vernünftige Lösungen geschaffen.
Geringere Quoren, weniger Ausnahmen
Beim Bürgerentscheid gelten geringere Zustimmungshürden. Zuvor waren in jeder Kommune 20% der Abstimmungsberechtigten nötig, um den Entscheid zum Erfolg zu führen. In der jetzt gültigen Regelung wurde diese Hürde an die Einwohnerzahl angepasst: In Kommunen mit über 100.000 EinwohnerInnen müssen nur noch 10%, bei mehr als 50.000 EinwohnerInnen 15% und nur noch in Kommunen mit unter 50.000 EinwohnerInnen 20% der Abstimmungsberechtigten zustimmen.
Dadurch tragen wir den unterschiedlichen Bedingungen in größeren und kleineren Städten und Gemeinden Rechnung. Die Möglichkeiten zur Mobilisierung, aber auch insgesamt die Voraussetzungen für die demokratische Auseinandersetzung und die Beteiligung an direktdemokratischen Verfahren sind verschieden. Das berücksichtigt diese durchaus sehr ausgewogene Regelung.
Auch der Negativkatalog, also die Bereiche ohne die Möglichkeit zum Bürgerbegehren, wurde deutlich verschlankt. Nur noch fünf statt zuvor 10 Bereiche sind ausgeschlossen. Dies sind z.B. die Innere Verwaltung oder der Haushalt. In der Bauleitplanung hat eine Öffnung stattgefunden: Grundsätzlich soll in diesen komplizierten Verfahren die Abwägungsentscheidung weiter beim Rat liegen. Die Einleitung des Bauleitplanverfahrens auf Gemeindeebene kann hingegen Gegenstand eines Bürgerbegehrens werden. Das Bürgerbegehren kann sich aber nicht nur auf die erstmalige Aufstellung, sondern auch auf spätere Änderungen oder eine Aufhebung beziehen.
Kein Killer-Kostendeckungsvorschlag mehr
Die alte Regelung schrieb bei Bürgerbegehren den sog. Kostendeckungsvorschlag als zwingendes Zulässigkeitskriterium vor. Klar ist: Bei Bürgerbegehren muss Kostentransparenz herrschen. Wer eine Forderung unterschreibt, muss wissen, wie sie sich auf die kommunale Kasse auswirkt und dass sie auch bedeuten kann, dass für ein anderes Projekt kein Geld mehr da ist.
Der alte Kostendeckungsvorschlag hat diesen an sich richtigen Gedanken aber konterkariert. Zum einen hat es viele Initiativen bereits überfordert, eine formal korrekte Kostenkalkulation vorzulegen. Zweitens musste dann auch noch ein konkreter Vorschlag gemacht werden, wie eine Gegenfinanzierung aus dem kommunalen Haushalt aussieht. Dieses Verfahren, das zahlreichen Bürgerbegehren das Aus beschert hatte, ist jetzt abgeschafft zugunsten einer Kostenschätzung der Verwaltung, die bei der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren beigefügt sein muss.
Noch mehr zu tun
Neben der Reform zur direkten Demokratie auf kommunaler Ebene wurde auch die Landesebene angepackt. Mit dem Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren haben wir auch hier die Bedingungen erleichtert, bspw. durch die Zulassung der freien Unterschriftensammlung. Nichtsdestotrotz ist hier noch viel Arbeit vor uns: insbesondere die Zustimmungshürden bei Volksbegehren sind viel zu hoch. Für ein erfolgreiches Volksbegehren sind in NRW etwa eine Million Unterschriften nötig, das muss sich ändern. Da die Quoren allerdings in der Landesverfassung geregelt sind, steht diese Herausforderung nun auf dem Aufgabenzettel der Verfassungskommission, die in Kürze eingerichtet wird und Vorschläge für die grundlegende Modernisierung der Landesverfassung machen soll.
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