Kommunalinfo: Politische Initiativen für Freifunk in NRW – Fragen und Antworten

Liebe Freundinnen und Freunde,

in den vergangenen Monaten habe ich Euch in mehreren Kommunalinfos aktuelle Informationen zum Ausbau drahtloser Zugangspunkte zum Internet gegeben. Insbesondere zu Freifunk als einer freien und zivilgesellschaftlichen Initiative zum Aufbau eines Bürgernetzes jenseits der kommerziellen Hotspot-Anbieter haben mich Fragen erreicht, die ich hiermit gerne beantworten möchte.

Unterwegs das Internet zu nutzen, gehört zum Alltag der meisten Menschen in NRW. Vielerorts gibt es offene Zugänge und WLAN-Hotspots, über die sich die Bürgerinnen und Bürger kostenfrei – zumindest für einen bestimmten Zeitraum – in das mobile Netz einloggen und surfen können.

Eine weitere Alternative für mobiles Internet ist Freifunk als ein freies und selbstverwaltetes Funknetz.

Wir Grüne unterstützen die Bestrebungen der Freifunk-Initiativen und möchten mit diesem Fragen- und Antworten-Katalog  zur Verbreitung von freien Funknetzen beitragen.

Außerdem möchte ich Euch noch einmal auf den Kommunalpolitischen Ratschlag „WLAN vor Ort – Freifunk und offenes WLAN in den Städten und Gemeinden“ hinweisen. Dieser wird  am kommenden Dienstag, den 14. April, ab 18 Uhr bei uns im Landtag NRW im Raum E1 D05 stattfinden. Die Veranstaltung wird auch im Netz übertragen: Der Livestream findet sich unter http://gruene-fraktion-nrw.de/live.html und wir freuen uns, wenn Ihr diesen Link an Menschen weitergebt, die nicht vor Ort dabei sein können.

Bei Nachfragen könnt ihr Euch gerne an mich oder mein Büro wenden.

Beste Grüße

Matthi Bolte MdL
Netzpolitischer Sprecher


Was ist Freifunk?

Bei Freifunk wird ein eigenes Netz von Routern erstellt, die sich untereinander verbinden und jeweils einen Knoten dieses Maschennetzes darstellen. Die Router sind mit einer eigenen Freien Software bespielt, der sogenannten Freifunk-Firmware. Jede Betreiberin und jeder Betreiber eines Routers erweitert das Freifunk-Netz, sei es per Funk, falls auch der nächste Router in Reichweite steht, oder, falls gewünscht, auch per Internet. Dafür muss keine Vereinsmitgliedschaft vorliegen. Des Weiteren schließen viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Freifunk-Netz zusätzlich ihren Internetzugang am Freifunk-Router an und ermöglichen somit auch den anderen einen kostenfreien und zeitlich unbegrenzten Zugang zum World Wide Web. So können die Freifunk-Nutzerinnen und -Nutzer nicht nur untereinander kommunizieren, sondern sich auch weltweit vernetzen. Freifunk wird vor Ort von aktiven Gruppen getragen, die teilweise als Vereine organisiert sind. Der größte Freifunk-Verein in NRW, der Freifunk Rheinland e.V. (der aber nicht nur im Rheinland aktiv ist), ist sogar eingetragener – wenngleich nichtkommerzieller – Telekommunikationsanbieter.

Wie kann ich beim Freifunk mitmachen?

Um Freifunkerin oder Freifunker zu werden, reicht es, einen Freifunk-Router mit der Firmware bei sich aufzustellen und ihn mit Strom zu versorgen. Sobald der Freifunk-Router sich mit anderen Freifunk-Routern in der Nähe verbindet, wird er Teil des Freifunk-Maschennetzes. Viele Freifunk-Gruppen vor Ort halten fertig vorbereitete Router vor, die mit der passenden Firmware bespielt sind. Es muss nichts weiteres mehr installiert oder angepasst werden. Bei technischen Fragen können Freifunk-Initiativen helfen, die sich regelmäßig treffen oder in Online-Foren Anleitungen anbieten. Die Kosten belaufen sich auf einmalig etwa 15 bis 20 Euro für die Anschaffung des Routers. Je nach Router-Modell variieren die Stromkosten, sie bleiben aber überschaubar. Für die Nutzerinnen und Nutzer von Freifunk entstehen keine Kosten.

Warum soll ich meinen Internet-Anschluss mit anderen teilen?

Ganz einfach: Wenn man etwas übrig hat, kann man es mit anderen teilen. Viele von uns haben zu Hause oder im Büro einen WLAN-Router mit einer Internet-Flatrate, der den ganzen Tag eine Verbindung zum Internet hat. Weil wir aber nicht den ganzen Tag zu Hause oder im Büro sind, könnten und sollten wir diesen Zugangspunkt anderen Menschen zur Verfügung stellen, wenn wir ihn selbst gerade nicht brauchen. Freifunk nutzt dabei nur die freie, von mir selbst ungenutzte Bandbreite. Diese kann ich auch festlegen und nur eine maximale Bandbreite zur Verfügung stellen.<u5:p></u5:p>

Das ist die eine Seite der Medaille. Bei der Freifunk-Idee geht es aber nicht allein um Internetzugänge. Indem sich die Router untereinander vernetzen, bilden sie eine eigene Infrastruktur, ein eigenes Bürgernetz. Dieses Bürgernetz ist frei von Zensur und Überwachung. Ebenso ist es möglich, in diesem freien Netz eigene lokale Dienste und Angebote bereitzustellen – vergleichbar etwa mit dem Intranet einer Firma oder Organisation.

Was ist diese Störerhaftung, von der immer alle sprechen?

Die sogenannte Störerhaftung besagt, dass wer einen offenen WLAN-Zugang betreibt für das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer über diesen WLAN-Zugang verantwortlich ist. Im Falle von Rechtsverletzungen durch die Nutzerinnen und Nutzer können die Betreiberinnen und Betreiber zivilrechtlich haftbar gemacht werden.

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil im Jahre 2010 deshalb festgelegt, dass auch offenen WLAN-Zugänge gesichert werden sollen, um Rechtsverstöße zu vermeiden. Rechtsverstöße können dabei beispielsweise das Teilen von urheberrechtlichgeschützten Dokumenten sowie Filesharing sein. Falls keine Sicherungsmaßnahmen wie beispielsweise die namentliche Registrierung erfolgen, greift die Störerhaftung.

Anbieterinnen und Anbieter von offenem WLAN tragen also das Risiko, für rechtwidriges Handeln der Nutzerinnen und Nutzer abgemahnt zu werden, und damit könnten Kosten entstehen. Aber: Es handelt sich hier allein um zivilrechtliche Ansprüche. Wer auf Freifunk setzt, ist aber de facto auf der sicheren Seite.

Warum bin ich bei Freifunk vor der Störerhaftung geschützt?

Viele Freifunkgruppen leiten den Datenverkehr ins Ausland um, denn in fast allen anderen Ländern Europas gibt es keine mit der deutschen Regelung vergleichbare Störerhaftung. Damit entfällt eine Haftung für den Austausch von Daten nach deutschem Recht. Außerdem gibt es in Deutschland Sonderregelungen für Internetanbieter: Internetanbieter (Englisch: Internet Service Provider) haben gesetzlich eine Haftungsprivilegierung und sind nicht für die Informationen verantwortlich, die die Nutzerinnen und Nutzer im Internet teilen. Der Verein Freifunk Rheinland e.V. ist seit September 2014 selbst Internetanbieter geworden und betreibt dafür eigene Infrastruktur. Damit ist der Freifunk Rheinland e.V. von der Störerhaftung befreit und ist nicht für das Handeln der Nutzerinnen und Nutzer verantwortlich. Wer also einen Freifunk-Router vom Freifunk Rheinland e.V. benutzt, muss sich keine Sorgen um Abmahnungen für rechtwidriges Verhalten machen.

Wie schütze ich meine Daten?

Anders als bei einem herkömmlichen Internet-Zugang, beim der Internet-Verkehr vom eigenen Provider, diversen Geheimdiensten und kriminellen Hackern mitgelesen werden kann, ist dies bei Freifunk auch für andere Nutzerinnen und Nutzer vergleichsweise einfach möglich. Für die Nutzerinnen und Nutzer des offenen WLANs empfehlen sich daher insbesondere die Nutzung von Firewalls und die Nutzung von Verschlüsselung.

Wie gefährlich ist die Strahlung von WLAN-Routern?

Untersuchungen des Bundesamts für Strahlenschutz haben im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms ergeben, dass Immissionen von WLAN- und Bluetooth-Geräten in typischen Heim- oder Büroumgebungen deutlich unterhalb der empfohlenen Grenzwerte im Strahlenbereich liegen. Obwohl in Einzelfällen wie dem körpernahen Betrieb von Sendegeräten höhere Belastungen nachzuweisen waren, konnten weder in den Untersuchungen noch in der gängigen Fachliteratur Überschreitungen der Grenzwerte nach EU-Ratsempfehlung festgestellt werden. Es liegen daher keine Anzeichen für eine gesundheitsgefährdende Strahlenbelastung durch WLAN-Router vor.

Außerdem: Beim Freifunk werden oftmals auch ohnehin vorhandene Router genutzt, sodass im Ergebnis nicht mehr elektromagnetische Strahlung entsteht. Die Router werden lediglich von mehr Menschen gemeinsam und solidarisch gebraucht.  Wird Freifunk anstelle des Mobilfunk-Netzes genutzt, reduziert sich sogar die Strahlenbelastung, da für den WLAN-Betrieb deutlich geringere Sendeleistungen genutzt werden.

Wie kann Freifunk kommunal unterstützt werden?

Freifunk braucht wie alle zivilgesellschaftlichen Initiativen auch politische Unterstützung. Ihr solltet deshalb aktiv für Freifunk werben und Anträge für die Einrichtung eines freien WLANs in der Stadt stellen. Solche politischen Leitentscheidungen helfen nicht nur bei der praktischen Verbreitung von Freifunk, sondern sie beeinflussen auch die Bewohnerinnen und Bewohner Eurer Stadt/ Eures Kreises positiv in Bezug auf Freifunk.

Die Kommune hat außerdem die Möglichkeiten an der Ausweitung des Freifunk-Maschennetzes mitzuwirken, indem sie ihre Gebäude den Freifunkerinnen und Freifunkern zur Verfügung stellt. In Städten haben die Router die größte Strahlweite wenn sie direkt auf oder unter dem Dach installiert werden (bei Ersterem: Blitzschutz beachten!). Die Städte müssten also nur einen Zugang zum Dachgeschoss ihrer Gebäude für die Installation und ggf. Wartung des Routers und eine Stromversorgung gewährleisten. Auch hierzu sind politische Initiativen im Rat sinnvoll.

Informationsveranstaltungen und Diskussionsabende gemeinsam mit Mitgliedern einer örtlichen Freifunkinitiative können helfen, mögliche Bedenken abzubauen, den Freifunk zu erklären und für ihn zu werben. Von einem freien Zugang zum Internet profitieren alle Bürgerinnen und Bürger bei Euch vor Ort.

 

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