Rede zur Einsetzung des PUA „Silvesternacht 2015“

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Plenarrede zur Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Silvesternacht 2015“ am 27. Januar 2016

Anrede,

Das vergangene Jahr hat das Bild Deutschlands in der Welt verändert. Die Welt hat ein Land mit einem freundlichen Gesicht gesehen, ein Land, das über einer Million Menschen Schutz vor Verfolgung, Gewalt und Not gewährte,und in dem Tausende sich für Flüchtlinge engagierten, um ihnen bei der Ankunft und beim Start in ein neues Leben zur Seite zu stehen.

Zum Jahreswechsel haben wir aber auch schlimme Übergriffe gesehen, brutale Angriffe auf Frauen vor und im Kölner Hauptbahnhof, und auch an anderen Orten.

Wir GRÜNE fühlen mit den betroffenen Frauen aus der Silvesternacht. Wir sind auch betroffen darüber, dass es dem Rechtsstaat in jener Nacht nicht möglich war, Menschen zu schützen; betroffen über die Fehler, die gemacht wurden, und über ein Agieren, das den Vertretern des Rechtsstaats sogar den Vorwurf der Vertuschung eingebracht hat.

Daraus resultiert ein klarer politischer Auftrag: Wir wollen die Vorfälle in Köln und in anderen Städten aufklären. Wir werden das ohne Vorbehalt tun, ohne einem Vorwurf oder einer Frage aus dem Weg zu gehen.

Wir wollen das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herstellen, die innere Sicherheit stärken, die Opfer der Übergriffe unterstützen und für konsequente Strafverfolgung sorgen. Auch Probleme im Zusammenhang mit der Einwanderung von Flüchtlingen werden wir thematisieren, ruhig und besonnen und ohne das Geschäft der Rechtspopulisten zu betreiben und Ressentiments zu bedienen.

Denn wir wollen Probleme lösen und kein Gegeneinander der Kulturen, kein „Wir gegen die“ herbeiführen. Und ja, Gewalt und Hetze gegen Geflüchtete gibt es nicht erst seit den Ereignissen der Silvesternacht, allein im letzten Jahr mussten wir eine Verachtfachung dieser Straftaten erleben.

Den Frauen, die in der Silvesternacht Opfer von Gewalt geworden sind, sagen wir ganz klar: Wir werden Polizei und Justiz in ihrem Einsatz unterstützen, die Täter aus der Silvesternacht zu überführen und zu bestrafen.

Wir werden aber auch weiter reichende Schlussfolgerungen ziehen: Wir werden den alltäglichen Sexismus thematisieren, egal ob er von deutschen oder nicht-deutschen Männern ausgeht. Wir werden diesen Alltagssexismus aktiv bekämpfen, ohne dadurch die konkreten Taten von Köln zu relativieren. Denn was in Köln sichtbar geworden ist, geschieht vieltausendfach, oft im Verborgenen, ohne dass die Täter je zur Rechenschaft gezogen werden.

Ich bin überzeugt: Die Aufklärung der Vorkommnisse aus der Silvesternacht sind wir nicht allein den betroffenen Frauen schuldig. Wir sind sie auch den hunderttausenden Menschen schuldig, die friedlich und in bester Absicht zu uns gekommen sind, auf der Flucht vor Gewalt – auch vor sexualisierter Gewalt.

Diese Menschen dürfen jetzt nicht einem Generalverdacht ausgesetzt werden – wie Rechtspopulisten und Neonazis das jetzt tun. Das dürfen wir nicht zulassen, denn sonst machen wir die Menschen, die bei uns Schutz suchen, zum zweiten Mal zu Opfern. Und das darf nicht geschehen!

Anrede,

wir werden uns aber auch mit sehr konkreten Fragestellungen auseinandersetzen müssen. Wir werden lückenlos aufklären, warum – weder durch das PP Köln, noch durch die Bundespolizei – keine zusätzlichen Kräfte der Landespolizei angefordert wurden, obwohl sie doch in großer Zahl zur Verfügung standen. Wir werden neben den organisatorischen Fehlern der Kölner Polizei auch das Versagen der Bundespolizei thematisieren. Denn wir lassen uns nicht von einem Bundesinnenminister belehren, dessen verfehlte Politik zu Personalmangel bei der Bundespolizei geführt hat. Wir werden klären, warum neben den Sicherheitsbehörden des Landes auch die des Bundes, insbesondere das Bundeskriminalamt, vor der Silvesternacht keine vollständige Einschätzung des neuen Kriminalitätsphänomens gab. Wir erwarten von der Opposition, dass Sie endlich nicht nur Behauptungen, sondern Belege zur Frage der von Ihnen so bezeichneten „No-Go-Areas“ vorlegen. Und wir werden untersuchen, wie es zu der verfehlten Kommunikation nach dem Einsatz kommen konnte.

Anrede,

dieser Untersuchungsausschuss bietet aber auch Chancen, nach vorne gerichtet über Konsequenzen zu diskutieren. Da sind zunächst Konsequenzen für die Organisationskultur der Polizei. Von der CDU gibt es stets wilde Behauptungen, dass man wegen eines angeblichen „vorauseilendem Gehorsams“ innerhalb der Polizei etwas nicht sagen, tun oder denken dürfe. Sie sind bis heute jeden Beleg, aber auch jeden Vorschlag schuldig geblieben. Wir GRÜNE wollen eine Polizei, die den Bürgerinnen und Bürgern offen gegenübertritt, die Vertrauen ausstrahlt, die neue Kriminalitätsphänomene nach innen und außen offen anspricht und sie professionell und rechtsstaatlich angeht. Dazu gehört auch eine Fehlerkultur.

Für uns GRÜNE ist außerdem klar: Wir brauchen eine neue Debatte über eine bessere Prävention sexualisierter Gewalt. Sexuelle Gewalt gibt es in allen Schichten und in allen Altersgruppen. Wir müssen unseren Kampf verstärken, dieser Gewalt wirksam vorzubeugen. Dazu gehört, wirksame Schutzkonzepte für alle Einrichtungen für Geflüchtete zu entwickeln. Dazu gehört aber auch, dieses Thema zu enttabuisieren, und Mädchen und Frauen zu ermutigen, Taten anzuzeigen. Wir werden uns anschauen, ob das Strafrecht den Behörden überhaupt genügend Möglichkeiten an die Hand gibt, um Handlungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu verfolgen und zu bestrafen

Anrede,

Der Untersuchungsausschuss, über den wir heute entscheiden, fällt in eine aufgeheizte Diskussion, die teilweise unsachlich, blindwütig und völlig enthemmt geführt wird.

Ich kann nur an alle appellieren: Helfen Sie mit, dass wir in der Debatte zu Maß und Mitte zurückfinden!

Wir Grüne wollen gemachte Fehler der Polizeiführung aufklären und den Rechtsstaat stärken, um das Vertrauen in die Polizei zurückzugewinnen.

Vielen Dank

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