Rede zum Gesetzentwurf zum Vierten Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Golland, ich möchte gerne zu Beginn eine Fragestellung von Ihnen aufgreifen. Sie haben in Ihrem Antrag im Januar – die Debatte haben Sie angesprochen – gefordert, Bodycams im Rahmen der Strafverfolgungsvorsorge einzuführen. Das allein war es, was ich als verfassungswidrig eingestuft habe. Und um sich über diese Fragestellung zu informieren, empfehle ich Ihnen, sich nicht aus CDU-Anträgen zu informieren, sondern aus dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zum Niedersächsischen Gesetz über öffentliche Sicherheit und Ordnung. Das ist ein Urteil aus dem Jahr 2009, indem die Grenzen des Landesgesetzgebers bei der Strafverfolgungsvorsorge klar festgelegt werden. Darauf bezog sich die Einlassung damals.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir legen heute einen Gesetzentwurf vor, der einen Modellversuch für Bodycams ermöglicht. Dieser Gesetzentwurf ist das Ergebnis genau der Abwägung, die wir in den letzten zwei Jahren, in denen die Diskussion bereits läuft, immer angekündigt haben. Auf der einen Seite geht es um die Frage: Wie groß ist der Effekt für die Eigensicherung der eingesetzten Beamtinnen und Beamten? Auf der anderen Seite ist zu klären, wie groß der Eingriff in die Grundrechte ist und ob es vom Verhältnis her passt.

Das Ergebnis legen wir Ihnen heute vor. Es ist ein ausgewogener Gesetzentwurf, der mit der Hau-drauf-Rhetorik der CDU in diesem Fall nichts zu tun hat. Im Gegenteil: Wir zeigen mit diesem Gesetzentwurf, dass es möglich ist, die Belange des Datenschutzes, der Bürgerrechte und der Einsatztransparenz in einen guten Ausgleich mit den Anforderungen an polizeiliche Eigensicherung zu bringen.

Dabei setzen wir auch die richtigen Schwerpunkte. Der Einsatz der Bodycam ist klar auf konkrete Gefahrensituationen beschränkt. Wir wollen die Beamtinnen und Beamten schützen; denn sie haben größten Respekt verdient. Wir wollen aber keinen ausufernden Einsatz dieses einen Instruments, das ja nur ein kleiner Baustein in einem Sicherheitskonzept sein kann. Der Minister hat es angesprochen: Wichtiger sind die Fragen von Ausbildung oder Deeskalation – das sind die Fragestellungen, bei denen es tatsächlich darum geht, mehr Sicherheit für Beamtinnen und Beamte zu schaffen. Eben ist das Stichwort „Silvesternacht“ gefallen: In dieser Nacht gab es erhebliche und viele Probleme, aber Bodycams haben da nun wirklich nicht gefehlt.

Wir schreiben gesetzlich fest, dass die Aufzeichnungen verschlüsselt erhoben und verarbeitet werden müssen, dass sie gegen Manipulation zu schützen sind. Dem polizeilichen Gegenüber muss die Maßnahme angekündigt und transparent gemacht werden. So führen Bodycams auch zu mehr Transparenz; denn die Betroffenen können Einsicht in die Daten nehmen. Jeder Betroffene, der sich ungerecht behandelt fühlt, kann zunächst auf diese Aufzeichnungen zurückgreifen. Dies erklärt auch den verhältnismäßig lang erscheinenden Speicherzeitraum von zwei Wochen: Die Betroffenen brauchen Zeit, um sich über ihr Agieren in der teilweise konfliktbeladenen Situation klar zu werden.

Ich glaube, vor diesem Hintergrund sind dies ausgewogene Modalitäten, die wir hier eingezogen haben. Insofern setzt sich der Gesetzentwurf sehr wohltuend vom Sicherheitspopulismus der CDU ab. Sowohl mit Blick auf die Kennzeichnungspflicht als auch mit Blick auf Bodycams erhöht er die Transparenz polizeilichen Handelns und – das ist das Wichtigste – er schützt die Beamtinnen und Beamten vor Gewalt, die Beamtinnen und Beamten, die unseren Respekt verdient haben. Vor diesem Hintergrund und in diesem Sinne freue ich mich sehr auf gedeihliche Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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