Rede zu Digitaler Gefahrenabwehr

Plenarrede zum Antrag der Piratenfraktion „Digitale Gefahrenabwehr – Sicherheitslücken entdecken und schließen“ am 6. Oktober 2016

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Herrmann, Sie sehen, bei den anderen Fraktionen gehen die Wortbeiträge etwas zügiger. Das kann man so deuten, dass wir uns einerseits zumindest in der Zielrichtung und in der Relevanz des Themas durchaus einig sind, dass wir aber auf der anderen Seite bei dem konkreten Antrag sehr weit auseinanderliegen, jedenfalls soweit es der Antrag in seiner konkreten Formulierung vermuten lässt.

Ich würde insofern vorschlagen, dass wir im Anschluss an diese Beratung direkt über einen Verfahrensvorschlag sprechen, wonach wir in der Ausschussberatung so verfahren, wie letzte Woche bei Ihrem Antrag zur Open Government Partnership. Darin hatten Sie als Piratenfraktion vorgeschlagen, die Kommunen mit einem Programm zu beglücken, das die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände dann aber für überhaupt nicht erforderlich ansahen. Insofern sollte man vielleicht mit den Adressaten Ihres Antrages im Ausschussverfahren ins Gespräch kommen, denn ich vermute, ehrlich gesagt, dass es bei diesem Antrag genauso ausgehen wird.

Wenn man einmal von der Bekenntnisebene wegkommt und sich anschaut, was Sie konkret fordern, dann ist das nicht so richtig viel Neues. Wir haben es eben schon gehört: Responsible-Disclosure-Prinzipien kommen bereits heute zur Anwendung, und das CERT arbeitet auch sehr erfolgreich. Für sichere Kommunikation setzen wir uns in Nordrhein-Westfalen auch bereits ein.

Ich darf an eine Reihe von Anträgen erinnern, die wir hier mit der Piratenfraktion und den regierungstragenden Fraktionen gemeinsam verabschiedet haben, zum Beispiel zum Appell der Schriftsteller, genauso auch die Kompetenzförderung über sichere Kommunikation. Im E-Government-Gesetz ist auch klar vorgesehen, dass öffentliche Stellen sichere Kommunikationswege anbieten.

Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Herrmann?

Matthi Bolte (GRÜNE): Ja, warum nicht?

Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist nett. – Bitte schön, Herr Kollege Herrmann.

Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Bolte, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben schon mitbekommen, dass ich in meiner Rede eine Sicherheitslücke erwähnt habe, die staatlichen Stellen auch in Deutschland seit über zehn Jahren bekannt ist und die eben nicht in einem Disclosure-System öffentlich gemacht wurde, sondern bis heute geheimgehalten wurde?

Matthi Bolte (GRÜNE): Ich habe Ihrer Rede durchaus aufmerksam zugehört, kann Ihnen aber versichern, dass die Prinzipien in den Leitlinien unserer entsprechenden Behörden zur Anwendung kommen.

Zu dem konkreten Fall, wie weit da Landesbehörden involviert sind, haben Sie jedenfalls nichts gesagt, sondern Sie haben das referiert, was ich auch aus der medialen Berichterstattung wahrgenommen habe. Das sind sicherlich Fälle, über die man sprechen muss. Ich aber habe die konkrete Relevanz für die zuständigen Stellen in Nordrhein-Westfalen in Ihrer Rede nicht wahrgenommen.

Wenn es denn der Wahrheitsfindung dienlich ist, können wir darüber sicherlich im Ausschussverfahren sprechen. Dann müssen wir aber auch über die Erfolge sprechen, die wir für sichere Kommunikation in Nordrhein-Westfalen erreicht haben. Ich habe eben die Anträge angesprochen, die wir hier gemeinsam auf den Weg gebracht haben, genauso wie das E-Government-Gesetz.

Ich glaube – und da sind wir uns, lieber Kollege Herrmann, tatsächlich absolut einig –, es ist wichtig, dass öffentliche Stellen ein Stück weit als Top-Runner in dieser ganzen Frage auftreten und dass wir mit den öffentlichen Stellen eine sichere Infrastruktur und sichere Kommunikationswege bereithalten, damit die Leute im Land auch sehen: Das bringt mir etwas; es bringt mir auch in meiner persönlichen Sphäre etwas, wenn ich mich mit diesem Thema auseinandersetze.

Aber nichtsdestotrotz finde ich bei diesen Themen, die Sie hier immer wieder – auch nicht völlig zu Unrecht – einbringen, schon wichtig, dass wir uns mit dem konkreten landesrechtlichen Rahmen auseinandersetzen. Ich habe jedenfalls nicht gesehen, dass es landesrechtliche oder landespolitische Bestrebungen durch Landesbehörden gibt, irgendwo Backdoors in Softwareprodukte einzubauen oder Verpflichtungen dazu vorzusehen. Das ist durchaus vernünftig, denn das würden wir natürlich auch nicht mitmachen.

So viel zu den konkreten Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag umrissen haben. Ich bin gerne bereit, mich im Ausschuss davon überzeugen zu lassen, dass meine Vorredner und ich nicht recht hatten und dass Ihr Antrag doch noch revolutionär Neues bringt und er nicht überflüssig ist. Ich glaube aber, nach dem, was uns auf dem Papier vorliegt, dass er Letzteres ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

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