Es ist Liebe: Demokratiemaschine Internet

Wer heute an das Internet denkt, denkt oft an den gesellschaftlichen Hass und die Hetze, die sich in seinen Echokammern Bahn brechen. Dabei ist das Internet eine enorme Demokratiemaschine.

Die Enthemmtheit des digitalen Diskurses wird oft als Ursache für die Verrohung der politischen Kultur gesehen. Dabei bietet die Digitalisierung eigentlich viel mehr Chancen für die Verteidiger*innen der Demokratie als ihre Gegner*innen. Diese zuvor ungeahnten Möglichkeiten waren bereits in der Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace in den frühen neunziger Jahren angelegt. Durch das World Wide Web können sich Menschen im besten Wortsinn vernetzen, eine Plattform für ihre gemeinsamen Anliegen schaffen und vor einem – potentiell jedenfalls – Milliardenpublikum ihre Meinung anderen zugänglich machen.

Das zeigt, was für eine enorme Demokratiemaschine das Internet sein kann. Die Digitalisierung kann uns mehr Beteiligung ermöglichen und über repräsentative Demokratie mehr Transparenz schaffen – und so auch zu Vertrauen beitragen. Das alles – und dass es überhaupt eingefordert wird – ist ein unglaublicher und wahnsinnig wertvoller Akt gesellschaftlicher und politischer Emanzipation.

In den letzten Jahren mussten wir allerdings sehen, von dieser Möglichkeit der politischen Selbstbemächtigung wenig geblieben ist. Diskussionen laufen immer enthemmter ab. Demokratische Spielregeln werden immer häufiger missachtet. Fake News werden unhinterfragt übernommen weiterverbreitet tausendfach geteilt. Gerade wir Grüne können ein Lied davon singen. Die Zahlen belegen es: Grüne Politikerinnen und Politiker werden häufiger als Politiker*innen anderer Parteien Opfer von Fakezitaten, Beschimpfungen und Bedrohungen

Fake News und Hassbotschaften – Was also tun?

Hass lässt sich nicht weg filtern. Das ist völlig klar. Natürlich müssen wir mit früher Medienerziehung, mit Demokratiebildung und auch mit durchsetzungsfähigen, technisch und personell gut ausgestatteten Strafverfolgungsbehörden gegen jene vorgehen, die ihre Hassbotschaften heute weitgehend ungestört im Netz verbreiten.

Aber in einer freien und offenen Gesellschaft geht es darum, dass wir dem Hass etwas Positives entgegen setzen. Ich habe den festen Wunsch, dass Filter, Strafverfolgung und Medienkompetenz nicht die einzigen Antworten bleiben. Ich habe letzte Woche zum Welttag des Internets einen spannenden Kommentar gelesen. Der Autor meint, an solchen Tagen sollten wir endlich damit aufhören, darüber nachzudenken, wie wir das Internet noch etwas klinischer, „sauberer“ und überhaupt sicherer machen können. Ich finde: eine berechtigte Kritik. Denn die Freiheit im demokratischen Rechtsstaat wird ja auch nicht dadurch verteidigt, dass man sie – wie es die ganzen konservativen Sicherheitsesoteriker immer wieder fordern – einschränkt.

Das Internet zum Medium der Liebe machen

Ich wünsche mir, dass wir das Internet wieder zum Medium der Liebe und der Freiheit machen. Zu einem Raum, in dem man sich zum anonym Seitensprung genauso verabredet wie zur nächsten Demo. In einer Welt, in der die Freude über das freie Wissen größer ist als Manfred Spitzers Warnungen vor dummen und dicken Kindern. Wo wir voll Faszination verfolgen, wie sich Freiheitsbewegungen in autoritären Staaten per Twitter organisieren und Erfolg haben. In der Heimat da ist, wo wir den Wifi Code kennen. Wo wir die Freiheit, die uns das Netz schenkt, feiern, indem wir sie nutzen.

Freiheit ist stärker als aller Hass. Und Liebe sowieso.

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