Die Grüne Welle: Wie sich eine neue Mitte von den GroKo-Parteien emanzipiert hat

Wenn wir auf das Jahr 2018 zurückblicken, dann denken wir an Jahrhundertsommer, Dürre und Klimawandel. Uns bleiben aber auch die vielen großen Hashtag-Demos, im Gedächtnis. Hinter #wirsindmehr, #hambibleibt oder #unteilbar haben sich tausende Menschen zusammengeschlossen und ihren Unmut, ihre Wünsche, ihre Träume und Ideale auf die Straße getragen. „Asymmetrische Demobilisierung“ war gestern. Klimakrise, Rechtsruck, Digitalisierung – wo die Große Koalition zentrale Fragen unseres Zusammenlebens verschläft, formieren sich neue Bürgerbündnisse.

Während die Bindungskraft der sogenannten Volksparteien drastisch nachlässt, erobert eine neue Mitte von den Straßen aus den politischen Diskurs.

Demokratie ist mehr als an der Wahlurne zu entscheiden

Das ist Ausdruck eines spannenden Phänomens. Menschen wollen wieder mehr als nur Kreuze machen. Sie wollen ihre Themen setzen. So sieht es aus, wenn sich die politische Mitte von ihren früheren Vertreter*innen emanzipiert.Wir GRÜNE sind einst von der Straße in die Parlamente gezogen. Das Vermächtnis der Bewegungen macht unseren politischen Kern aus. Jetzt sind neue themenbezogene Bündnisse entstanden. Ob bei großen Demonstrationen oder kleinen Aktionen: Wir Grüne sind da und tragen die Forderungen der Bewegungen in die Parlamente. Wir sind Teil der Bündnisse, die der Mitte der Zivilgesellschaft entspringen.

#Aufstehen ist eine Pseudo-Bewegung

All die Bündnisse, die 2018 prägen, sind volatile Zusammenschlüsse. Sie greifen aktuelle soziale, ökologische oder ökonomische Themen auf, die im aktuellen politischen Diskurs zu wenig Beachtung finden oder von schrillen Tönen dominiert werden. Während andere von #aufstehen reden und liegenbleiben, wenn klare Haltungen gefragt sind, gehen wir dorthin, wo die Menschen sind, diskutieren ihre Themen und machen uns gerade. Dadurch konnten wir Vieles in Bewegung bringen und das trägt sich seit Wochen durch die grünen Wahl- und Umfrageergebnisse.

Die neue Mitte will auf eigenen Beinen stehen

Bei den vielen Demos und Aktionen sind mir in diesem Jahr zahlreiche Menschen begegnet, die vorher noch nie auf die Straße gegangen sind und nicht zu den „üblichen Verdächtigen“ gehören und eben nicht wie ich mit 15 auf ihrer ersten Demo waren, sondern jetzt mit Anfang 40. Sie wollen sich trotzdem einmischen, denn sie alle kommen aus der neuen Mitte und stellen fest: Wenn die Regierung sich nur noch um sich selbst dreht, wird es Zeit die Stimme zu erheben.

Die neue Mitte der Gesellschaft hat sich von den Volksparteien emanzipiert, weil diese auf die drängenden Fragen unserer Zeit keine Antworten liefern. Oft gibt es ein „Weiter so“, im schlimmsten Fall holen sie wie die Laschet-Regierung in NRW die Großkonzerne wie RWE an den Kabinettstisch oder rennen wie Horst Seehofer den populistischen Parolen der AfD hinterher. Anstatt einer positiven Zukunftsvision droht der konservative Rollback.

Die Menschen haben genug von Maaßen-Gate und dem ängstlichen Gerede aus der Bäckerschlange. Sie suchen eine progressive politische Kraft, die für Europa kämpft, wahlweise für Klimaschutz oder Bewahrung der Schöpfung, für Offenheit und Demokratie. Wenn wir Grüne es schaffen, diese Menschen einzubinden in unseren Diskurs und langfristig auch unsere Partei, dann rollt die Grüne Welle weiter.

1 Kommentar

  1. Michael

    Super Beitrag und kann ich zu 100% nachvollziehen. Ich bin jetzt Anfang 30 und bis zum Hambi Ende September hatte ich bisher 0 Erfahrung in Demos. In dem Moment als ich zivilen Ungehorsam geleistet hatte und die Polizeikette durchbrach, ist etwas in mir entbrannt. Nicht nur sehe ich die Umwelt, sondern auch Polizei und Politik in einem neuen Licht. Ich habe mittlerweile zahlreiche Wochenenden im Hambi verbracht. Muss zwar unter der Woche arbeiten aber das bremst meine Leidenschaft und Einsatz nicht im geringsten. Ich habe ein wundervolles Geschenk erhalten in diesem (für mich) magischen Wald. Alles was ich zurück geben kann ist für den Erhalt zu kämpfen. Ich mache in jeder Konversation mit neuen Menschen auf das Thema aufmerksam um einfach zu zeigen das der Kampf erst mit dem Kohle Ende gewonnen ist. Sofern wir schnell genug sind und das Rennen nicht verlieren.
    Mit freundlichen Gruß

    Antworten

Kommentar verfassen

Schreibe einen Kommentar zu Michael Antworten abbrechen


* Pflichtfeld

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Verwandte Artikel