#Bahnhofscheck OWL: Die Ergebnisse

Wibke Brems und ich haben die Ergebnisse des #Bahnhofschek OWL vorgestellt. Bleibt noch viel zu tun für Barrierefreiheit & Verkehrswende bei der Bahn! Für guten Klimaschutz brauchen wir eine attraktivere Bahn.

Die NW berichtete.

Bahnfahren ist Klimaschutz

Bahnfahren ist Klimaschutz. Wir wollen mehr Menschen für den Umstieg auf die Schiene begeistern. Das gelingt aber nur, wenn sie attraktive Bedingungen und ein gutes Angebot vorfinden. Die 80 Bahnhöfe und Haltepunkte in OWL sind die Visitenkarte des Bahnverkehrs und verdienen deshalb besondere Aufmerksamkeit. 

Wir stehen vor einer Mobilitätswende, denn der Verkehrssektor macht heute noch 19 Prozent des in Deutschland ausgestoßenen CO2 aus. Die Bahn ist der zentrale Baustein der Mobilitätswende. Wir wollen sie deshalb flott machen für die Mobilität des 21. Jahrhunderts. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppeln, d.h. bundesweit im Fernverkehr auf 280 bis 300 Millionen Fahrgäste und im Nahverkehr auf 5,5 bis 6 Milliarden Fahrgäste pro Jahr. Das geht aber nur mit mehr Zügen und einem besseren und digitalen Schienennetz.

Die Aktion

Seit Anfang März konnten die Menschen in OWL beim Grünen Bahnhof-Check ihre Stimme abgeben und uns mitteilen, wie attraktiv ihr Bahnhof vor Ort oder auf dem Weg zur Arbeit ist. Online und offline haben 149 Menschen ihre Stimme abgegeben und uns ihre Meinung zu 42 Bahnhöfen und 35 Haltepunkten mitgeteilt.

In unserem Bahnhof-Check haben wir folgende Bereiche untersucht:

  • Aufenthaltsqualität und Zustand des Bahnhofs
  • Barrierefreiheit
  • Einbettung in das weitere Mobilitätsangebot 

Die Ergebnisse

Die beste Bewertung erhielten die Bahnhöfe Steinheim, Detmold, Salzkotten und  Altenbeken.

Die Streubreite der Ergebnisse ist insgesamt recht groß. Neben den Positivbeispielen gibt es ein breites Mittelfeld. Die meisten Bahnhöfe, die schlechte Bewertungen erhalten haben, sind bereits in Sanierungsprogrammen enthalten, sodass hier Besserung in Sicht ist. Wir haben auch festgestellt, dass die Größe eines Bahnhofs und die Qualität des Angebots nicht unbedingt zusammen hängen.

Aufenthaltsqualität: Luft nach oben mit positiver Tendenz

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Aufenthaltsqualität an den Bahnhöfen und Haltepunkten in OWL insgesamt zu wünschen übrig lässt. So wurden Zahl und Qualität der Sitzgelegenheiten eher schlecht beurteilt. Noch stärker bemängelt wird das Fehlen von Warteräumen bzw. der schlechte bauliche Zustand von Bahnhofsgebäuden.

Warteräume sind nur an ca. 25 Bahnhöfen und Haltepunkten vorhanden. Wenn Gebäude vorhanden sind, sind diese vielfach nicht oder nur eingeschränkt zugänglich – das ist problematisch, wenn man nach 22 Uhr ankommt und nicht mehr zur Toilette kommt. Diese sind auch nur in 20 Bahnhöfen/Haltepunkten überhaupt vorhanden. Auch WLAN am Bahnhof ist die Ausnahme, obwohl es mit leichten Mitteln einen erheblichen Gewinn an Aufenthaltsqualität liefern würde.

Besonders positiv fällt auf, dass der Kampf der Bahn um funktionierende Beleuchtung an Bahnhöfen offenbar Früchte trägt. Von allen abgefragten baulichen Mängeln wurden am wenigsten Probleme mit defekter Beleuchtung angegeben. Das wirkt sich – ebenso wie die ebenfalls nur schwach vorhandenen Probleme mit Schmierereien und verwilderten Pflanzen – positiv auf das Sicherheitsempfinden der Reisenden aus.

Barrierefreiheit:

In einer alternden Gesellschaft, in der sich immer mehr Menschen gleichberechtigte Teilhabe wünschen, wird Barrierefreiheit immer wichtiger – insbesondere in einer Gesundheitsregion wie OWL. Die erhobenen Werte für ganz OWL zeigen hinsichtlich der barrierefreien Zugänge zu den Gleisen ein insgesamt erfreuliches Bild. Das wird aber dadurch relativiert, dass fast alle Haltepunkte mit einem oder zwei Gleisen ebenerdig und damit fast schon naturgemäß barrierefrei zugänglich sind. 

Deutlich wird der Aufholbedarf vor allem bei Aufzügen und Rolltreppen. Nur 8 der 42 Bahnhöfe mit mehreren Gleisen können einen durchgängigen Zugang zu allen Gleisen über Aufzüge und/oder Rolltreppen vorweisen. Das ist vor dem Hintergrund des enormen Investitionsbedarfs aus Sicht der Bahn nachvollziehbar, aber dennoch nicht befriedigend.

Für Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen sind funktionierende Lautsprecherdurchsagen und Anzeigetafeln für ihre Reise nicht nur komfortabel, sondern unabdingbar. Beides ist grundsätzlich flächendeckend vorhanden. Ein Blindenleitsystem ist nur selten vorhanden. Noch seltener verfügen Bahnhöfe und erst recht Haltepunkte über behindertengerechte Toiletten.

Vernetzt reisen:

Die Bahnverbindung kann noch so gut sein, sie bringt den Reisenden aber nur etwas, wenn sie vom Bahnhof aus auch weiterkommen. Die überwältigende Mehrheit der Bahnhöfe ist mit Bussen angebunden, allerdings ist das ÖPNV-Angebot sowohl quantitativ als auch mit Blick auf die Vertaktung mit den ankommenden Zügen vielfach Gegenstand von Kritik.

Fahrradständer sind ebenfalls fast überall vorhanden. Aber nahezu überall wird auch bemängelt, dass es zu wenige gibt. Die 9 Radstationen in Bad Oeynhausen, Bielefeld, Bünde, Gütersloh, Halle, Herford, Minden, Paderborn und Rheda-Wiedenbrück sind ein Erfolgsmodell. Wir brauchen dringend mehr Stationen, die vollen Service rund um die Verknüpfung von Rad und Bahn bieten. 

Grüne Forderungen

Für uns sind Bahnhöfe mehr als reine Zughaltestellen. Sie sind Mobilitätsstationen, der Einstieg zur klimaschonenden Mobilität. Wir wollen deshalb eine Investitionsoffensive in die Bahnhöfe. Die durch den Bund zur Verfügung gestellten Gelder reichen nicht aus, um die größten Probleme schnell zu lösen. Hier sind deutlich mehr Mittel nötig, um die Bahnhöfe und Haltepunkte in einen akzeptablen Zustand zu bringen.

Neben diesen Attraktivitätssteigerungen wollen wir Bahnhöfe und Haltepunkte grundsätzlich weiterentwickeln. Man kann die Bahn innerhalb des Verkehrssystems niemals alleine denken, deshalb müssen wir die Reisewege vom Bahnsteig aus weiterdenken. Carsharing, Ladesäulen und überdachte Fahrradständer müssen selbstverständlich sein. Die Bahnhöfe müssen gut in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden sein. Barrierefreiheit ist essenzieller Bestandteil eines zukunftsfähigen Nahverkehrs.

Wenn wir Menschen vom Wechsel auf die Schiene überzeugen wollen, muss Bahnfahren Spaß machen. Die Bahn muss aber nicht nur pünktlich kommen, sondern auch ein attraktives Angebot in den Zügen vorhalten: Bordrestaurants und flächendeckendes funktionierendes WLAN sind nur zwei Bausteine. Der Regional- wie auch der Fernverkehr kranken an einem unzureichenden Wagenpark und auch – siehe in OWL die Vorfälle bei der eurobahn – unzureichendem Personal.

Schon jetzt ist klar: der Bund muss viel Geld investieren. Die jährlichen Investitionen pro Person und Jahr in Deutschland liegen bei unter 60 Euro. In Österreich dagegen wird die vierfache Summe, in der Schweiz sogar die sechsfache Summe ausgegeben. Kurzfristig müssen die Ausgaben für die Bahn verdoppelt, mittelfristig eher vervierfacht werden. Es geht aber für uns nicht nur darum, mehr Geld ins System zu geben, sondern auch, die Bahn effizienter und transparenter zu gestalten. Deshalb gehören auch die Investitionen der Bahn auf den Prüfstand. Unnötige Prestigeprojekte wollen wir zugunsten von Investitionen in der Fläche unterbinden.

Wir haben im Landtag NRW eine Initiative unternommen, damit die Landesregierung einen Masterplan für die Elektrifizierung aller Bahnstrecken in Nordrhein-Westfalen erstellt. Denn auch heute sind über 90 Strecken nicht elektrifiziert. Bundeweit streben wir bis 2030 die Elektrifizierung von 75 Prozent aller Bahnstrecken an. Vorrangig müssen Ausweichrouten für Umleitungen im Störfall elektrifiziert werden. Dabei ist klar: Für einen glaubhaft ökologischen Verkehrsträger Bahn muss auch der Bahnstrom bis 2030 zu 100% aus Erneuerbaren Energien erzeugt werden.

Die Bahn muss klug mit anderen Verkehrsträgern verknüpft und vertaktet sein. Wir brauchen ein übersichtliches und einfaches Ticketsystem. Denn ein langes Studium komplizierter Angebote kostet nicht nur Zeit, es ist eine große Hemmschwelle, verleidet das Bahnfahren, und es ist ein Nachteil gegenüber einer Flugbuchung.

Nach wie vor herrscht im Regionalverkehr ein Tarifdschungel. Ein landesweit gültiges NRW-Ticket kann man bislang nur bei der DB AG kaufen. Wir Grüne verlangen deshalb von den Zweckverbänden, den Aufgabenträgern und von der Landesregierung Initiativen für einen einheitlichen Nahverkehrstarif, der für ganz NRW gilt und der Bahnen und Busse gleichermaßen umfasst. Wir brauchen leicht bedienbare digitale Plattformen, sowohl für die Fahrgastinformation als auch den Ticketkauf.

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