Mitbestimmung auf gleicher Augenhöhe!

Rede im Landtag NRW, 16.7.2010

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich freue mich sehr, dass im Mittelpunkt der ersten Plenarwoche so viele Bezüge zu der großen Frage der Demokratie in unserer Gesellschaft stehen. Die Demokratie zu stärken wird schließlich auch die große Herausforderung der neuen Landesregierung und der Koalition sein und wollen und wir werden diese neue, demokratischere Kultur auch leben.

Faire Mitbestimmung – auch und wegen ihrer Signalwirkung gerade auch im öffentlichen Dienst – ist eine wesentliche Säule unserer Demokratie.

Wenn man sich die Begründungen aus dem Novellierungs- Verfahren 2007 anschaut, dann gibt es da vor allem ein großes Motiv: Die Anpassung des LPVG an die Herausforderungen eines modernen öffentlichen Dienstes und das Vorhaben, den öffentlichen Dienst fit zu machen für die Herausforderungen unserer Zeit.

Das klingt gut und trifft bei mir auf große Unterstützung – aber Ziele allein reichen nicht, sondern sie müssen auch umgesetzt werden. Und da wird’s schon schwieriger.

Die frühere Landesregierung hat ganz offensichtlich nicht verstanden, dass die Entwicklung des öffentlichen Dienstes nicht gegen die Beschäftigten zu machen ist, sondern nur mit ihnen.

Hätten Sie den Dialog mit den Betroffenen ernsthaft gewollt, dann wäre es wohl kaum dazu gekommen, dass durch Ihre Novelle die Mitbestimmung in ganz zentralen Punkten eingeschränkt wurde oder ganz weggefallen ist: Sei es bei wesentlichen Strukturänderungen wie Privatisierung der Daseinsvorsorge in der Kommune, sei es bei der Arbeitszeitgestaltung und Modellen der Arbeitsorganisation, sei es bei Personalentscheidungen wie Abmahnung, Umsetzung oder Beförderung. Sie haben ebenso neue Entwicklungen verschlafen, bei denen starke Mitbestimmungsmöglichkeiten dringend geboten sind, z.B. bei der Gewährleistung des Arbeitnehmer-Datenschutzes. Sie haben durch die geänderten Fristenregelungen die Mitbestimmung durch die strukturelle Hintertür massiv erschwert.

Das alles sind Signale, die eine Landesregierung gegenüber ihren Beschäftigten nicht setzen sollte. Im Gegenteil: Eine Landesregierung sollte zeigen, dass sie den Beschäftigten im öffentlichen Dienst vertraut, sie mitnehmen will.

Und es gehört auch die Einsicht dazu: Große Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst sind in der Vergangenheit nie an starken Personalräten gescheitert!

Schon allein weil es uns darum geht, die demokratische Kultur und das Parlament zu stärken, werden wir nicht einfach daherkommen, alles schwarz-gelbe im LPVG zurücknehmen und einfach alles auf Null zu setzen. Wir wollen in einem hoffentlich breit getragenen Prozess ein modernes und flexibles Mitbestimmungsrecht schaffen.

Die Punkte mit Änderungsbedarf sind dennoch vielfältig. Die Linksfraktion hat in ihrem Antrag einige Punkte benannt, aber eben nur einzelne Aspekte aufgerissen. Jetzt allerdings bereits Maßnahmen festzuzurren, das entspricht keinesfalls dem Verfahren, das wir uns als Koalition vorgenommen haben. Deshalb können wir dem Änderungsantrag nicht zustimmen.

Unser Anliegen ist klar: Wir machen NRW wieder zu einem Mitbestimmungsfreundlichen Land. Wir schaffen eine Struktur und auch eine Kultur des Miteinanders.

Unser Wort aus der Debatte 2007 gilt: Demokratie darf nicht vor der Behördentür Halt machen.

Wir wollen den Dialog, den wir mit zahlreichen Betroffenen bereits gesucht haben, verantwortlich und mit großer Ernsthaftigkeit fortsetzen. Wir gehen mit großer Offenheit in diesen Prozess und freuen uns natürlich über die Mitwirkung möglichst vieler Akteure.

Wir wollen allen gesellschaftlichen Gruppen das Angebot machen, in diesem Prozess nicht nur mitzureden. Wir werden nicht hingehen und alle Anregungen nach dem Motto „Schön, dass wir drüber gesprochen haben“ abbügeln, sondern echten Dialog ermöglichen.

Es wird auch nötig sein, diesen Weg gemeinsam zu gestalten. Denn es geht hier nicht nur um eine Detailfrage des öffentlichen Dienstrechts. Es geht darum, wie sich der öffentliche Dienst insgesamt für die Bürgerinnen und Bürger aufstellt.

Ein öffentlicher Dienst, wie wir ihn uns vorstellen, ist transparent und bürgernah, die Mitarbeiter werden durch partnerschaftliche Arbeitsbedingungen motiviert und es gibt ein klares Signal an alle Beschäftigten: Wir vertrauen Ihnen, wir sind überzeugt, dass Sie einen engagierten Job machen.

Und zu einem solchen, einem zukunftsfähigen öffentlichen Dienst gehört eine starke Mitbestimmung ganz selbstverständlich dazu.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gilt das gesprochene Wort

1 Kommentar

  1. Martina Denkner

    Hallo Matthi,

    gerade aus dem Urlaub zurück sehe ich, dass Du schon sofort mit einer klasse Rede im LT eingestiegen bist!
    Super!

    LG

    Martina

    Antworten

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