Norderoog

Norderoog ist eine Hallig im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Jeden Sommer gibt es dort Workcamps, bei denen internationale Jugendgruppen für den Uferschutz aktiv werden. Ich war seit 2003 jeden Sommer jeweils zwei Wochen (und einmal zusätzlich eine Woche im Herbst) dort und bin der Meinung: Wer einmal einen Fuß auf diesen wunderbaren Fleck Erde gesetzt hat, wird wiederkommen!

Das ist auch notwendig: denn Norderoog ist als westlichste aller Halligen ständig den Fluten der Nordsee ausgesetzt und hat als Vogelschutzinsel elementare Bedeutung als Lebensraum und Rastplatz bedrohter Seevögel. Für Menschen ist Norderoog etwas weniger einladend. Es gibt dort keinen Strom, Frischwasser muss in Tanks mitgebracht werden und das Badezimmer (das größte der Welt) besteht aus einigen Plastikschüsseln. Aber es ist die Hallig der Vögel und dann kann man sich als Mensch auch mal zurückhalten.

Natur

Norderoog bietet sechs nach der Roten Liste gefährdeten Vögeln und mehreren gefährdeten Pflanzen einen Platz, den sie woanders schon an die sogenannte Zivilisation verloren haben. Die Brandseeschwalbe, die auf mich immer einen leicht punkigen Eindruck macht, ist mit 4000 Brutpaaren hier am stärksten vertreten. Dazu kommen Fluß- und Küstenseeschwalben (die kann man übrigens nicht wirklich voneinander unterscheiden), vier Möwen-, vier Entenvogel- und zwei Watvogelarten gesellen sich dazu. Der Austernfischer ist zwar auch außerhalb der Hallig anzutreffen, aber immerhin mit der größten Brutvogeldichte in der ganzen deutschen Bucht auf Norderoog vertreten. Aber nicht nur als Brutplatz ist Norderoog wichtig. Die Hallig dient auch als Rastplatz, wodurch sich zeitweise insgesamt etwa 50.000 Seevögel auf Norderoog aufhalten!

Arbeit

Im Winter wird durch Sturmfluten und Eisgang viel von der Küstenbefestigung zerstört. Inzwischen ist es gelungen, die Halligfläche bei etwa 11 Hektar zu stabilisieren. Zum Vergleich: 1909, als der Verein Jordsand (Besitzer und Betreuer der Hallig) Norderoog kaufte, waren es noch 18 Hektar, hundert Jahre zuvor sogar mehr als 40. Da ist Küstenschutz dringend nötig.

Der Schutz der Hallig erfolgt durch Lahnungen – Reisiggestrüpp, das zwischen Holzpfählen eingespannt wird, sodass sich die Sedimente bei der Überflutung absetzen (so die Kurzfassung eines mehrstündigen Referats über Küstenschutz…), sowie durch Grüppen – Gräben im Schlick, die den Ablauf des Wassers kanalisieren. Die Arbeitsmethoden sind eher archaisch und echt kraftraubend. Das Arbeitsmaterial wird per Schiff angeliefert, genauso wie das Frischwasser.

Leben

In einer internationalen Gruppe junger Menschen zwischen 16 und 25 zwei Wochen lang zu leben, ist eine tolle Erfahrung. Dass dazu auch noch der enge Kontakt zur Natur kommt, bereichert das Leben zusätzlich. Man kommt auf die verrücktesten Ideen (z.B. eine Flaschenpost an Peter Harry Carstensen mit der Bitte, uns doch die Hallig Süderoog zu schenken), setzt sie manchmal um (z.B. eine Palme aus einer Pricke, etwas Gestrüpp und einigen Ankerbällen auf die Hallig zu pflanzen), träumt unter den Sternen, beobachtet die Leuchtfeuer in der Umgebung, hört dem Geschrei der Tumpies (Austernfischer) zu, lässt sich Nordseewind um die Nase wehen. Norderoog ist eine tolle Erfahrung. Auch wenn man sich mit Salzwasser die Zähne putzt!

Mitmachen?

Natürlich war das jetzt Werbung – Norderoog braucht Freiwillige! Und genau darum gehts mir mit diesem Artikel: Euch zu begeistern, zwei Wochen Sommerurlaub in und für die Natur zu machen. Wer also Lust hat, mitzumachen, kann sich bei mir unter norderoog@matthi-bolte.de melden. Oder ihr geht den direkten und offiziellen Weg per Mail an den Verein Jordsand: info@jordsand.de.