Die Startup-Landschaft in NRW trotzt der Corona-Krise. Das bestätigt der Startup-Monitor NRW, der Anfang Dezember vorgestellt wurde. Die aktuellen Erhebungen (den bundesweiten Startup-Monitor findet ihr hier, die Auswertung zu NRW hier) zeigen aber auch, dass bei der schwarz-gelben Landesregierung erhebliche Lücken klaffen: Gründerinnen, sozial-ökologische Geschäftsmodelle und das Gründungsgeschehen abseits der Metropolen werden von Minister Pinkwart bedauerlicherweise größtenteils übersehen – großes, innovatives Potenzial, das ungenutzt bleibt.
Die Startup-Szene ist Grün
Mehr als die Hälfte der im Startup-Monitor befragten Gründer*innen gibt an, dass ihnen eine positive gesellschaftliche und soziale Wirkung als strategisches Unternehmensziel wichtig ist. 43,4 Prozent der Startups zählen sich zur Green Economy und 42,6 Prozent zu Social Entrepreneurs. 2019 waren es noch 36 Prozent der befragten Startups, die sich diesen beiden Bereichen zugeordnet habe. Das zeigt: Nachhaltigkeit wird als Faktor immer wichtiger und soziale und ökologische Innovationen boomen. Immer mehr Menschen machen sich auf den Weg, mit Grünen Ideen schwarze Zahlen zu schreiben – und gerade in der Gründerszene sind diese Zahlen häufig Einsen und Nullen.
Im Startup-Monitor wird auch regelmäßig das Vertrauen der Gründer*innen in die politischen Parteien abgefragt. Es ist erfreulich und ein Ansporn, dass 37 Prozent der befragten Gründer*innen die Grünen bevorzugen und wir damit im zweiten Jahr in Folge auf die höchste Zustimmung stoßen.
Pinkwart lässt Potenziale liegen
Wir wollen die Rahmenbedingungen für Gründer*innen in NRW verbessern, um als Gründungsstandort weiter zu den (inter-)nationalen Gründungs-Hotspots aufzuschließen. Startups fehlt in NRW nach wie vor die Wachstumsperspektive: Erst 18 Prozent der hiesigen Startups beschäftigen mehr als 10 Personen. Damit liegt NRW deutlich hinter dem Bundesdurchschnitt (24 %). Die Landesregierung muss externe Kapitalgeber, vor allem Business-Angels und Wagniskapitalgeber, endlich stärker für Startups in NRW mobilisieren.
Minister Pinkwart muss seine Hausaufgaben machen. Denn trotz aller Ankündigungen liegt der Anteil der Gründerinnen an den Startup-Gründungen in NRW bei nur 12,9 Prozent und damit hinter dem ebenfalls unbefriedigenden Bundesschnitt von 15,9 Prozent. Wenn Minister Pinkwart hier nicht endlich handelt, wird er sein selbstgestecktes Ziel von 33 Prozent weiblicher Gründungen bis 2025 krachend verfehlen.
Ebenso bleiben die ländlichen Räume ein blinder Fleck der NRW-Startup-Strategien. Das Gründungsgeschehen konzentriert sich mit 75 Prozent auf die Metropolen. Dabei hätten die ländlichen Räume mit ihrer mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur erhebliches Innovationspotenzial. Wir fordern die Landesregierung auf, hier endlich Angebote für ein zielgerichtetes Matching zwischen innovativen Gründer*innen und eingesessenen und kapitalstarken Mittelständler*innen aufzubauen. Darüber hinaus wollen wir das Innovationspotenzial abseits der Metropolen stärken und die Entstehung einer dezentralen Startup-Infrastruktur und Netzwerke fördern. Die Herausforderungen der Zukunft für den ländlichen Raum können nicht allein mit Lösungsansätzen aus den Metropolen angegangen werden. Hier wollen wir Kreativität und Innovationskraft vor Ort stärken.
Soziale Innovationen zum Wachsen bringen
Auch im Bereich des Social Entrepreneurship gilt bei Schwarz-Gelb „Mehr Schein als Sein“. Zwar hatte sich die Landesregierung in ihrer Gründer-Strategie vorgenommen, die Rahmenbedingungen für soziale und ökologische Gründungen zu verbessern und NRW zum attraktiven Standort für Social Entrepreneurs zu machen. Passiert ist seitdem nicht viel. Wir brauchen aber dringend bessere Rahmenbedingungen für soziale Innovationen – und echtes politisches Handeln statt Ankündigungen. Denn neben dem sozialen geht es auch um ein enormes ökonomisches Potenzial: Die Sozialwirtschaft besitzt mit rund 700.000 Mitarbeitenden rund zwei Drittel des ökomischen Gewichts des Handwerks in NRW.
Social Entrepreneurs und soziale Innovationen bekommen eine immer größere gesellschaftliche Bedeutung. Sie wollen dazu beitragen, soziale oder gesellschaftliche Probleme durch unternehmerische Ansätze zu lösen und so den Staat zu entlasten. Mit ihren Dienstleistungen und Geschäftsideen ist ein enormes wirtschaftliches und Innovationspotenzial verbunden. Leider gestaltet die Politik Förderprogramme meist so, dass nur Technologien gefördert werden. Da ist es für Sozialunternehmer*innen oft schwierig ihre sozial ausgerichteten Geschäftsmodelle unterzubringen.
Darüber hinaus fehlen ihnen Unterstützungsstrukturen. Die klassischen Anlaufstellen von Kammern oder kommunalen Wirtschaftsförderungen helfen ihnen kaum. Auch bei der Finanzierung sieht es schwierig aus. Zwar können Sozialunternehmen in NRW in den ersten zwölf Monaten über das Gründerstipendium eine Anschubfinanzierung erhalten, doch danach gibt es meist keine Angebote mehr.
Wir fordern deshalb, dass die Landesregierung eine Strategie zur umfassenden Förderung sozialer Innovationen und zur stärkeren Sichtbarkeit von Sozialunternehmen entwickelt. Dafür soll auch eine eigens zuständige Stelle geschaffen werden. Die bestehenden Gründungs- und Innovationsprogramme wollen wir auf Sozialunternehmen ausweiten.
NRW könnte sich außerdem andere Bundesländer, wie Hessen, zum Vorbild nehmen und einen landeseigenen Social Innovation Fonds aufsetzen. Es wird Zeit, dass die Regierung Laschet diese Entwicklung endlich anerkennt und sie diese auch in der Förderlandschaft umsetzen. Während andere Länder vorangehen, ignoriert Schwarz-Gelb in NRW den eigenen Unterstützungsbedarf sozialer und ökologischer Startups. Wir fordern von der Landesregierung schon seit geraumer Zeit, endlich einen eigenen Fonds zur Förderung sozialer Innovationen aufzulegen und einen speziellen Sustainability Hub aufzubauen. Denn nur wer die Diversität der Startup-Landschaft als Stärke anerkennt und zielgerichtet fördert, kann auf lange Sicht die ökonomischen, ökologischen und sozialen Potenziale heben und zukunftsfeste Arbeitsplätze sichern.
Digitale Wirtschaft wird durch Vielfalt stark
Vor Kurzem hat Minister Pinkwart auch seinen „Beirat Digitale Wirtschaft“ neu besetzt. Die Besetzung zeigt erneut, wie wenig Pinkwart die Zeichen der Zeit erkannt hat. Ohne Frage hat er eine Reihe Innovatoren versammelt, die in ihren Branchen eine wichtige Rolle spielen. Er deckt damit aber nur einen Teil der Digitalisierung ab und vernachlässigt zentrale Handlungsfelder.
Social Entrepreneurs und Sozialunternehmen fehlen gänzlich im neuen Beirat. Es ist bedauerlich und nachlässig, dass dieses ökonomische und innovative Potenzial von Minister Pinkwart übersehen wird. Auch Vertreter*innen kommunaler Unternehmen, die die Digitalisierung gerade in den ländlichen Regionen vor Ort vorantreiben sind im Beirat nicht vertreten. Dass von 25 Mitgliedern lediglich 6 Frauen sind, ist eine beschämende Quote im Jahr 2020 – gerade für eine Branche wie die digitale Wirtschaft, in der Diversität so eine große Rolle spielt.
Die Digitalisierung der Wirtschaft verläuft extrem dynamisch. Diese Dynamik hat Pinkwart bei der Besetzung des Beirats nicht berücksichtigt. Doch nur so lassen sich Innovationspotenziale der Wirtschaft freisetzen, durch die wir der aktuellen Krise trotzen und langfristig wettbewerbsfähig bleiben.
Was wir wollen
Wir GRÜNE wollen beste Bedingungen für Startups in NRW schaffen. Uns geht es dabei zum einen um den großen ökologischen und sozialen Impact vieler junger, innovativer Unternehmen. Zugleich wollen wir aber auch die ökonomischen Potenziale nutzen, um den Standort NRW durch digitale Innovationen – und zwar gemeinsam mit Startups, etabliertem Mittelstand und Industrie – zukunftsfähig aufzustellen.
Dafür wollen wir:
- Die Startup-Kultur jenseits der Metropolen stärken. In den ländlichen Räumen steckt unglaublich viel Potenzial für Startups, das noch nicht gehoben wird. Es kommt hier auf Vernetzung digitaler Innovator*innen mit den etablierten und kapitalstarken Mittelständler*innen, die die ländlichen Räume prägen, an. Weitere Akteur*innen wie (Fach-)Hochschulen, kommunale Wirtschaftsförderungen oder auch Kammern spielen hier eine wichtige Rolle.
- Diversität fördern. Gründungen von Frauen oder gemischten Teams sind erfolgreicher und nachhaltiger als reine Männer-Teams. Trotzdem sind die spezifischen Bedarfe von Gründerinnen in den öffentlichen Unterstützungsprogrammen unterbelichtet. Das muss sich ändern.
- Soziale und nachhaltige Innovationen fördern. Mit einem Sustainability Hub, und eigenen Förderlinien für Social Entrepreneurship wollen wir soziale Innovationen zum Wachsen bringen. Denn soziale Ideen können am Markt erfolgreich sein, sie brauchen aber komplett andere Unterstützungsstrukturen. Es ist deshalb umso bedauerlicher, dass Minister Pinkwart auch in diesem wichtigen Feld wieder einmal einen „Alles kann, Nichts muss“ Ansatz verfolgt und keine eigene Unterstützung für Social Entrepreneurs voranbringt.
Was ihr vor Ort tun könnt
Ihr könnt auch vor Ort für die NRW- Startup-Szene aktiv werden:
- Vernetzt Euch: die 5 Hubs der digitalen Wirtschaft NRW (Aachen, Bonn, Düsseldorf/Rheinland, Ruhr und Münsterland) sowie die assoziierten Hubs Garage33 in Paderborn und Founders Foundation in Bielefeld sind nicht nur lokale Ansprechpartner, sondern unterstützen den Aufbau eines Startup-Ökosystems in ihrer ganzen Region. Es lohnt sich, hier den Kontakt aufzunehmen, auch um Kooperationspartner*innen direkt aus der Szene zu finden, die mit Euch gemeinsam die Startup-Kultur in Eurer Gemeinde voranbringen. Interessante Gesprächspartner sind auch lokale Coworking-Spaces, die oft gute Einblicke in die Startup-Szene haben.
- Jede Region, jede Gemeinde hat ihre eigenen Stärken, die sie für Startups nutzbar machen kann. Leider stellen viele kommunale Wirtschaftsförderungen diese Stärken noch immer nicht genug nach vorne. Entwickelt Strategien gemeinsam mit lokalen Akteur*innen, um das zu ändern. Denn Startups geben auch etwas zurück – und zwar meist nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Impulse, von denen vor Ort alle profitieren können.
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