Zum Europäischen Datenschutztag 2021

Seit fast einem Jahr zeigt uns die Corona-Pandemie auf, wieviel inzwischen digital geht: Unsere Arbeitsabläufe, aber vor allem auch unsere Kommunikation hat sich massiv ins Digitale verlagert. Damit verbunden war natürlich auch immer wieder die Frage des Datenschutzes, etwa bei der Corona-Warn-App oder beim Einsatz von Videokonferenztools.

Datenschutz ist immer wichtig, nicht nur am europäischen Datenschutz-Tag, dem 28. Januar. Datenschutz ist auch in allen Bereichen unseres Lebens wichtig. Seit vielen Jahren arbeiten wir GRÜNE an hohen Datenschutz-Standards im wirtschaftlichen Bereich, etwa bei der Regulierung der Internet-Giganten. Es gibt aber auch im Umgang mit staatlichen Stellen viel zu tun. In den letzten Jahren ist die Lage sogar eher dramatischer geworden. Es ist staatliche Aufgabe, Vertrauen in IT-Sicherheit und sichere Kommunikation für die Bürger*innen sicherzustellen. Aber gerade aus Deutschland heraus werden immer wieder Versuche unternommen, dieses Vertrauen zu untergraben.

Mit der „Charta zur Stärkung der vertrauenswürdigen Kommunikation“ von 2015 sollte Deutschland zum „Verschlüsselungsstandort Nr. 1“ werden, versprach der damalige Bundesinnenminister de Maiziere. Schon zwei Jahre später wollte er Zugang zu verschlüsselten Messenger-Diensten erlangen. Das war wenige Monate nachdem der weltweit meist genutzte Messenger eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingeführt hatte, wie sie die Charta der Bundesregierung eigentlich unterstützte. Und es geschah noch viel mehr: Es wurde vom Bundesinnenministerium eine Behörde geschaffen, die der Entschlüsselung von Kommunikation dienen sollte und die Entwicklung und Nutzung von Staatstrojanern wurde vorangetrieben.

Auch der heutige Bundesinnenminister Seehofer spricht sich öffentlich dafür aus, dass Messenger dem Staat eine digitale Hintertür offen lassen müssten. Er wolle, dass alle nachrichtendienstlichen Möglichkeiten genutzt würden. Die Anlässe, mit denen eine Aufweichung der privaten Kommunikation begründet wird, variieren je nach politischer Lage. Oft sind sie auch inhaltlich überhaupt nicht zielführend. Aber Verschlüsselung, das klingt irgendwie nach Hackern in dunklen Kellern, das muss doch irgendwie verboten werden – so denkt man vermutlich in manchem Innenministerium. Dabei gibt es in vielen Fällen  grundrechtlich viel vertretbare Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden, gerade auch im digitalen Raum.

Im Dezember 2020, noch unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, beschlossen die 27 nationalen Regierungen eine von den Innenministern vorbereitete Entschließung „Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung“ – so lautete wortwörtlich schon 2015 das Credo der Bundesregierung (in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion), was den Urheber des Papiers deutlich werden lässt. Darin werden technische Lösungen gefordert, damit Strafverfolgungs- und Justizbehörden auf verschlüsselte Daten zugreifen können. Hier geht es generell um Kommunikationsdienste, was Messenger mit einschließt, aber noch weit darüber hinaus geht, Vorratsdatenspeicherung inklusive.

Datenschützer*innen befürchten Missbrauch – bis hin zu den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Das wäre sowohl durch Staaten und Geheimdienste möglich, als auch durch Kommunikationsunternehmen, Kriminelle oder Terroristen. Und das wirft die Frage auf, welche Staaten dann Zugriff auf Hintertüren hätten und ob Unternehmen sich weitergehenden Zugriffsersuchen überhaupt entziehen würden oder könnten. Außerdem könnten diejenigen, die eigentlich im Visier stehen – Kriminelle und Terroristen – leicht auf alternative Dienste ausweichen, die keine Hintertüren eingerichtet haben. Nicht zuletzt geraten damit auch Unternehmen und Betriebsgeheimnisse in Bedrängnis, was für frühere Bundesregierungen eigentlich noch ein Grund war bessere Verschlüsselungen zu fördern. Selbst innerhalb der Unionsparteien führt der Beschluss vom Dezember zu Auseinandersetzungen. Nun bedeutet ein Beschluss im Europäischen Rat noch kein Gesetz auf EU- oder nationaler Ebene.

Auch in diesem Jahr wird also viel zu tun sein, um den Schutz der Privatheit gerade im digitalen Raum zu erhalten. Ein Grundrecht, das gerade in dieser Zeit von unschätzbarem Wert ist!

Zum Weiterlesen

Den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten ist eine staatliche Aufgabe und sollte nicht privatisiert werden. Dennoch können wir natürlich auch selbst jede Menge tun. Der Bielefelder Verein Digitalcourage hat eine umfangreiche Datenbank mit Tipps zur digitalen Selbstverteidigung aufgebaut, die ihr hier abrufen könnt. Besonders hervorheben für den digitalen Alltag möchte ich:

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