Rede zur digitalen Polizeiarbeit

Plenarrede am 16.12.2016 zum Antrag der CDU „Big Data. Polizeiarbeit digitalisieren – Effizienzpotentiale nutzen, Bürokratie abbauen, Verbrechensbekämpfung stärken!

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Stein, der Kollege Kossiski hat schon sehr viel zu den inhaltlichen Forderungen Ihres Antrags gesagt. Deswegen kann ich mich auf einige Ergänzungen beschränken.

Ich habe mich beim Lesen zunächst einmal gefragt. Was haben Sie eigentlich für ein Bild von der Polizei in Nordrhein-Westfalen? – Denn dieses Bild, was Sie am Anfang aufzeichnen, beinhaltet im Grunde genommen die Überschriften, die Sie irgendwo aufgeschnappt haben. Aber es ist nicht das, was die Polizei in Nordrhein-Westfalen tatsächlich bewegt.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE] und Hans-Willi Körfges [SPD])

Sie sind, lieber Kollege Stein, selber im Untersuchungsausschuss, der sich in den letzten Wochen intensiv mit der Suche nach No-Go-Areas beschäftigt hat. Ohne eine unzulässige Beweiswürdigung vorwegzunehmen, müssen Sie mir doch zustimmen, dass Sie niemanden gefunden haben – weder auf der Ebene der Polizeipräsidentinnen und Polizeipräsidenten noch auf Ebene derjenigen, die täglich auf der Straße sind – der gesagt hat: Bei mir vor Ort ist ein Gebiet, in das sich die Polizei nicht mehr hineintraut.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Beifall von Simone Brand [PIRATEN])

Man muss einfach festhalten, was Sie da für ein Bild von Polizei zeichnen. Das geht an der Realität vorbei. Es geht auch an der Realität vorbei, zu sagen: Polizei hat so furchtbar knappe Ressourcen.

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

– Ja, das steht unter Punkt I, Kollege Lürbke. – Wir haben mit Rot-Grün doppelt so viel Polizei eingestellt. Die Ressourcenknappheit gab es unter Schwarz-Gelb.

In einem der weiteren Punkte bemühen Sie Herrn Münch vom BKA mit diesem Zitat der „cyberfähigen Polizei“. Herr Kollege Herrmann würde sich wahrscheinlich genauso an diesem seltsamen Begriff gestoßen haben, wie ich das tue. Ich finde es zumindest gewöhnungsbedürftig, etwas als „cyberfähig“ zu deklarieren. Natürlich stellt sich Polizei den Fragen des digitalen Zeitalters, aber der Begriff „cyberfähig“ ist viel zu kurz gesprungen.

Die Bandbreite von einem kriminologisch relativ einfachen Betrug bei Ebay hin zu koordinierten Hackerattacken ist riesengroß. Die beschäftigt die Sicherheitsbehörden, die sich damit auch in angemessener Weise auseinandersetzen. Das zeigt auch schon alleine das Abwehrzentrum beim LKA, was wir unter Rot-Grün aufgebaut haben.

Dann möchten Sie gerne – das fand ich besonders spannend – „noch zu schaffende Datenbanken“ vernetzen. Das heißt, Sie wissen eigentlich noch gar nicht so genau, was Sie an Daten gerne hätten,

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Alle hätte er gerne und noch mehr!)

aber dass die vernetzt werden sollen, das wissen Sie schon. Ich gebe ohne Weiteres zu, lieber Kollege: Datenaustausch zwischen Behörden ist an vielen Stellen sinnvoll, wenn er verhältnismäßig ist und sich auf klaren rechtlichen Grundlagen bewegt. Aber nicht alle Daten, die es gibt oder die es geben könnte, müssen pausenlos durch alle Sicherheitsbehörden kursieren. Rechtsgrundlagen fehlen für einiges von dem, was Sie sich da ausgedacht haben, auch. Und der wesentliche Unterschied ist, dass man die Daten, die noch nicht erhoben werden, auch nicht „auf Teufel komm raus“ erheben muss. Das gilt natürlich auch – das kennen Sie aus den Debatten – für Themen wie Vorratsdatenspeicherung; deren Ausweitung beispielweise auf Messenger-Dienste brauchen wir an dieser Stelle auch nicht.

Jetzt geht es zur Unterüberschrift „Digitalisierung der Polizeiarbeit“. Sie haben das so ein bisschen in technischer Hinsicht skizziert nach dem Motto: Jetzt geben wir jedem Polizisten ein Tablet in die Hand, und dann wird alles gut. – Diese technische Hinsicht ist, so wie Sie das sehen, deutlich verkürzt. Es wird aber natürlich niemand etwas dagegen haben, gute technische Rahmenbedingungen für eine digitale Polizeiarbeit zu schaffen. Kollege Kossiski hat eben schon angesprochen, dass das auch Thema auf der letzten IMK war, weil es ein wichtiges Thema für die Polizei in Deutschland insgesamt und natürlich auch für die nordrhein-westfälische Polizei ist.

Ich kann für unsere Fraktion sagen: Wichtig sind bei solchen Debatten immer ein hohes Maß an Sicherheit, ein hohes Maß an Datenschutz und Manipulationssicherheit. Für uns ist auch wichtig, dass wir eine Beteiligung der Betroffenen sicherstellen, dass dann, wenn sich Arbeitsabläufe an diesen Stellen ändern, auch Betroffene zu Beteiligten gemacht werden.

Ich glaube, der Antrag selbst ist an vielen Stellen unzureichend. Nichtsdestotrotz kann man ihn als Aufhänger für eine spannende Debatte im Ausschuss nehmen. Darauf freue ich mich und wünsche Ihnen, auch wenn ich schon sehe, dass eine Kurzintervention kommt, jetzt schon ein erstes Mal schöne Feiertage.

(Beifall von den GRÜNEN)

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