Die „Maskenaffäre“ und der Skandal um mutmaßliche Korruptionsfälle bei Abgeordneten der Union haben dem Vertrauen in die demokratischen Institutionen massiven Schaden zugefügt. Die Antwort auf diese Skandale kann nur lauten: Mehr Transparenz!
Vertrauen in ihre demokratische Aufgabenerfüllung können Parlamente und Regierungen durch weitreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen stärken. Dabei geht es aufgrund der unterschiedlichen Skandale durch Unions-Abgeordnete in den vergangenen Jahren (Aserbaidschan-Affäre, Fall Amthor, Maskenaffäre) längst nicht mehr allein um mehr Transparenz und Offenlegung von Lobbyarbeit. Es geht um das Vertrauen in und das Ansehen von Politik, es geht um eine saubere Politik, um Anstand und Haltung.
Wir wollen durch transparentere Politik das verlorengegangene Vertrauen wieder herstellen. Unsere Fraktion hat dafür ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Wir fordern die anderen Fraktionen des Landtags auf, sich uns anzuschließen.
Kurz & Knapp zusammengefasst unsere 6 Maßnahmen für mehr Transparenz hier in der Bildergalerie:
Schwarz-Gelb hat ein Lobby-Problem
Der schwarz-gelben Landesregierung und Ministerpräsident Laschet fehlt es regelmäßig am Problembewusstsein, wenn es um falsch verstandene Nähe zur Wirtschaft geht. Dass sich die Landesregierung bei der Räumung des Hambacher Waldes zur Interessensvertreterin von RWE machte ist ebenso bekannt wie die undurchsichtige Auftragsvergabe der Schulministerin an eine Digitalunternehmerin und langjährige FDP-Spenderin (Fall HABA Digital).
Auch bei Entscheidungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zeigte Laschet, dass ihm die Sensibilität für transparentes Handeln fehlt. Neben den Aufträgen für Schutzkleidung an das Unternehmen van Laack, die zumindest Fragen und Raum für Spekulationen offen lassen, stellte die Staatskanzlei den ehemaligen Cheflobbyisten des Pharmakonzerns Sanofi im Impfmanagement ein, obwohl Sanofi selbst an der Entwicklung eines Impfstoffs arbeitet und damit konkrete wirtschaftliche Interessen verfolgt. Vor dem Hintergrund des Maskenskandals auf Bundesebene besteht hinsichtlich dieser mindestens unsensiblen Vorgänge ein erhebliches Aufklärungsbedürfnis. Wir fordern Transparenz von Ministerpräsident Laschet: die Auftragnehmer*innen, Auftragsvolumina und möglichen Vermittler*innen der jeweiligen Aufträge für die Beschaffung von Schutzkleidung müssen dem Parlament genannt werden.
Lobbyregister und legislativen Fußabdruck einführen!
Politische Interessenvertretung ist Bestandteil der Demokratie, sie muss jedoch transparent und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein. Für den Landtag und die Landesregierung wollen wir ein Lobbyregister einführen, in dem sich Lobbyist*innen registrieren müssen. Aus dem Lobbyregister ergibt sich eine Transparenz darüber, welche Lobbyeinflüsse gegenüber Abgeordneten und gegenüber der Landesregierung stattgefunden haben. Lobbyregister in verschiedenen Ausprägungen gibt es bereits in mehreren Bundesländern. NRW als einwohnerstärkstes Bundesland kann es sich nicht länger leisten, keine gesetzlichen Grundlagen für effektive Transparenz zu haben.
Das von Union und SPD auf Bundesebene geplante Lobbyregister ist absolut unzureichend. Ein solches Register kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn dadurch volle Transparenz über Lobbykontakte in alle Ebenen der Regierung und in das Parlament zu jedem Zeitpunkt eines Gesetzgebungsverfahrens geschaffen wird. Das bedeutet, dass Kontakte von Lobbyist*innen auch zu Referent*innen in der Landesregierung und nachgeordneten Behörden erfasst werden müssen.
Mit der Einführung des legislativen Fußabdrucks, sollen Lobbyeinflüsse bei allen Initiativen der Landesregierung dokumentiert werden. Denn die überwältigende Mehrheit der Gesetzentwürfe kommt nicht aus den Fraktionen, sondern von der Regierung. Ebenso soll veröffentlicht werden, welche Informationen die Landesregierung bei der Erstellung dieser Unterlagen ohne Beteiligung von Lobbyist*innen verwendete (z.B. Stellungnahmen oder Veröffentlichungen von Unternehmen, Verbänden oder Wissenschaftler*innen).
In den bisher geplanten Regelungen auf Bundesebene wurde der legislative Fußabdruck verhindert. Dabei kann nur mit diesem Instrument aufgezeigt werden, welche Interessenvertreter*innen in welcher Weise auf einen Gesetzentwurf oder eine Verordnung der Landesregierung Einfluss genommen haben. Das ist wichtig für die Arbeit der Abgeordneten – und zwar sowohl für die der Opposition wie die der Koalition.
Wir haben als GRÜNE Landtagsfraktion bereits im letzten Jahr Initiativen für ein Informationszugangsgesetz und die Einführung von Lobbyregister und legislativem Fußabdruck eingebracht. Angesichts der aktuellen Skandale ist schnelles Handeln erforderlich. Wir fordern die anderen Fraktionen auf, sich unseren Initiativen unverzüglich anzuschließen.
Klare Regeln für transparente Abgeordnete
Der Maskenskandal zeigt erneut: Es braucht klare Regeln statt Pseudo-Transparenz durch freiwillige Selbstverpflichtungen. Wer Anstand hat, braucht keine „Ehrenerklärung“. Aber eine saubere und transparente Politik muss auch institutionell abgesichert werden.
Wir wollen die Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte von Abgeordneten endlich vollständig transparent machen. Der Landtag regelt die Veröffentlichung von Nebeneinkünften bisher in einem Stufenmodell, das zwar präziser ist als etwa beim Deutschen Bundestag. Dennoch besteht weiter Verbesserungsbedarf. Alle Arten von Nebeneinkünften müssen auf Euro und Cent genau veröffentlicht werden. Zudem sollten Einnahmen aus Beteiligungen wie Dividenden und Gewinnausschüttungen sowie alle Arten von Unternehmensbeteiligungen (auch Aktienoptionen) angezeigt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir mit den anderen demokratischen Fraktionen in Gespräche eintreten und haben diese zu einer gemeinsamen Überarbeitung des Abgeordnetengesetzes eingeladen.
Außerdem wollen wir im Abgeordnetengesetz die entgeltliche Lobbyarbeit von Abgeordneten sowie die entgeltliche Vermittlung von Gesprächen mit der Landesregierung durch Abgeordnete verbieten. Wir brauchen auch klarere Regelungen gegen Abgeordnetenbestechung und Abgeordnetenbestechlichkeit. Die Voraussetzungen der bisherigen Regelungen im Strafgesetzbuch können so gut wie nicht nachgewiesen werden. Deshalb müssen sie ausgeschärft werden, um eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen. Wir wollen die Landesregierung beauftragten, hierzu eine Bundesratsinitiative zu starten.
Whistleblower*innen besser schützen
Eine transparente Demokratie kommt nicht ohne saubere Verwaltung aus. Whistleblower*innen geben der Öffentlichkeit Hinweise über Missstände in Unternehmen, Organisationen und Behörden und sorgen damit für Verbesserungen für alle Bürger*innen. Whistleblower*innen schützen die Beachtung der Rechtsordnung und das Funktionieren des demokratischen Systems. Sie benötigen deswegen gesetzlichen Schutz.
Wir wollen gesetzliche Schutzklauseln für Whistleblower*innen in den Landesbehörden und Landesbetrieben. Es muss ein Recht zum Whistleblowing geben, sodass die die Meldung von tatsächlichen oder gutgläubig angenommenen Verletzungen oder Gefährdungen öffentlicher Interessen – insbesondere Hinweise auf Rechtsverletzungen und Korruption – möglich wird. Wer Hinweise gibt, soll ein Recht auf eine ordnungsgemäße Prüfung des Hinweises haben und geschützt über den Fortgang des Verfahrens Informationen erhalten können. Eine unabhängige und neutrale Stelle innerhalb der Landesverwaltung soll die Hinweise prüfen.
Saubere Politik für eine transparente Demokratie
Demokratie lebt vom Mitmachen, sie lebt von Offenheit und Information. Sie lebt ganz besonders vom Vertrauen der Bürger*innen in die politischen Institutionen. Durch die aktuellen Skandale ist Vertrauen verloren gegangen. Wir wollen mit unserem Maßnahmenpaket Vertrauen wieder herstellen und zur demokratischen Teilhabe ermöglichen.
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